Schwenningens Nicholas Petersen zieht ab aufs Tor von Haie-Keeper Danny aus den Birken Foto: dpa

Nach zehn Jahren Abstinenz kehrten die Wild Wings aus Schwenningen zurück in die DEL – obwohl das Team auf dem vorletzten Tabellenplatz liegt, herrscht Zuversicht im Schwarzwald.

Villingen-Schwenningen - Die Haie kommen? Wunderbar, nur her damit – dann gibt’s Fischstäbchen! Die Haie aus Köln sind so etwas wie der Lieblingsgegner der Wild Wings in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) – am 27. September und am 2. Februar schlug der Liga-Neuling aus Schwenningen den Titelmitfavoriten aus Köln in der Helios-Arena jeweils mit 2:1. Und auch am Rhein siegten die Schwarzwald-Schwäne einmal mit 3:0. „Diese Spiele zählten zu den absoluten Höhepunkten der Saison“, schwärmt Alexander Jäger, der Manager der Wild Wings, „aber auch die Derbys gegen Adler Mannheim waren echte Eishockey-Leckerbissen, auch wenn wir dabei verloren haben.“

Hört sich doch gut an; das klingt, als ob der Neustart der Schwenninger in der DEL nach zehn Jahren Abstinenz ein wunderhübsches, wahres Eismärchen wäre – doch ein Blick auf die Tabelle zeigt, dass die Realität nicht ganz so rosarot daherkommt. Vorletzter sind die Schwenninger. Und jetzt, da es in der Hauptrunde auf die Zielgerade geht, ist Rang zehn und die Qualifikation für die Vor-Play-offs eigentlich nur noch theoretisch erreichbar. 13 Punkte in acht Spielen aufzuholen ist mindestens so kompliziert, wie einen Badener aus Villingen zu überzeugen, dass die Schwaben aus Schwenningen im schöneren Stadtteil leben. Natürlich sieht Jäger die Situation durch seine Vereinsbrille, doch er kann Argumente liefern, warum die Wild Wings auch auf Platz 13 noch längst keine Schwanengesänge anstimmen.

„Wir haben den kleinsten Spieleretat der Liga“, betont Jäger, „kleiner als der der Düsseldorfer EG, die Schlusslicht ist.“ Bei 1,5 Millionen Euro soll er liegen; zum Vergleich: Meister Berlin gibt 4,4 Millionen Euro für die Profi-Abteilung aus, Mannheim 3,7 Millionen und Köln auch noch 2,5 Millionen. Auch der Kader sei aufgrund des Lizenzkaufs von den Hannover Scorpions erst spät komplett gewesen, dabei musste Coach Stefan Mair aus dem auswählen, was der Markt noch hergab. „Streng genommen“, räumt der Manager ein, „haben wir unser sportliches Saisonziel wohl verfehlt. Aber wir sind zufrieden, wie alles sich entwickelt hat.“

Denn im Eishockey geht’s nicht nur um die kleine Scheibe, sondern auch um große Scheine. Das wissen sie in Schwenningen, 2003 wurde die Vorgänger-GmbH wegen Insolvenz liquidiert, damit war die DEL abgehakt. Die Rückkehr macht Jäger sowie den Wild-Wings-Gesellschaftern Michael Werner und Thomas Burger Mut. „Unser Etat ist nicht auf Kante genäht, sondern belastbar“, versicherte Burger vor der Runde. Das Finanzpolster wurde sogar dicker. 3800 Fans hatten sie übervorsichtig kalkuliert, 4700 kamen im Schnitt zu den Heimspielen – macht ein Plus von gut 500 000 Euro. Das gesteigerte Interesse liegt daran, dass die Wild Wings an guten Tagen selbst große Fische an Land ziehen können. „Die Fans kommen exakt mit dieser Hoffnung“, sagt Jäger. Und bei den Sponsoren habe der Club „auch was draufgesattelt“. Dabei ist sich jeder im Klaren, dass im Sponsoring weiter kräftig gewirbelt werden muss – in der Eliteliga kann man zwar viel Geld verbrennen, oder besser: falsch investieren; doch ohne entsprechenden Etat ist es schlicht unmöglich, in sportlich attraktiven Regionen vorzustoßen.

Dabei ist die DEL wirklich keine Maschine zum Geld drucken. Wer Bilanzen lesen kann, erkennt: Es ist einfacher, Meister zu werden, als schwarze Zahlen zu schreiben. In Berlin sorgt die Anschutz-Gruppe für die Nahrung der Eisbären, in Mannheim füttert das Hopp-Imperium die Adler, in München stillt Red Bull den Durst nach Liquidem. Duisburg, Kassel, Frankfurt, Hannover sind nur vier von einigen Städten, die nach Zahlungsproblemen von Clubs von der DEL-Landkarte verschwunden sind. Selbst Köln und Düsseldorf standen kurz davor. Wie die Wild Wings die wirtschaftlichen Herausforderungen bewältigen wollen, hat Werner nicht verraten – trotz eines Telefontermins war er am Donnerstag nicht zu erreichen.

Manager Jäger ist zuversichtlich, dass es aufwärts gehen wird. Beim Kauf der Lizenz von Hannover war vereinbart worden, dass die Wild Wings sie zurückgeben können – sollten sich die Dinge in Schwenningen in die falsche Richtung entwickeln. Aber das fällt im Schwarzwald keinem im Traum ein. Nicht mal in einem Albtraum wie bei der schlimmen 1:8-Heimpleite gegen München.