Die Firma Lürssen will weiterhin an Saudi-Arabien liefern. Foto: dpa-Zentralbild

Deutschland bleibt gegenüber Saudi-Arabien hart. Der Rüstungsexportstopp bleibt bestehen und wird nur leicht aufgeweicht. Die Differenzen in der Koalition und mit den wichtigsten europäischen Bündnispartner sind damit nicht ausgeräumt.

Berlin - Nach erbittertem Streit hat die Bundesregierung den Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien um ein halbes Jahr verlängert und nur leicht gelockert. Für rein deutsche Produkte gilt weiter ein komplettes Lieferverbot - auch für bereits genehmigte Exporte. Für europäische Gemeinschaftsprojekte haben Union und SPD den Exportstopp dagegen leicht aufgeweicht: Bis Ende des Jahres dürfen deutsche Unternehmen Bauteile für solche Projekte an Unternehmen etwa in Frankreich oder Großbritannien liefern, damit die Produktion weitergehen kann. Sie dürfen aber zunächst nicht an die Auftraggeber Saudi-Arabien oder Vereinigte Arabische Emirate ausgeliefert werden.

Unter dem Strich bedeutet das: Weiterhin wird kein Rüstungsprodukt mit deutschen Bauteilen Saudi-Arabien erreichen. Auf diesen Kompromiss verständigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und mehrere für Sicherheitspolitik zuständige Minister am späten Donnerstagabend. Die Bundesregierung hatte den kompletten Exportstopp Mitte November nach der Tötung des saudischen Regierungskritikers Jamal Khashoggi verfügt. Inzwischen gibt es dadurch nach dpa-Informationen einen Rückstau von Ausfuhren im Wert von 1,5 Milliarden Euro.

Frankreich und Großbritannien verärgert

Die SPD hatte trotzdem auf eine Verlängerung des Exportstopps gedrungen, die Union war vor allem aus außenpolitischen Gründen dagegen. Frankreich und Großbritannien sind massiv verärgert, weil wichtige Gemeinschaftsprojekte wie die Produktion von Kampfflugzeugen und Panzern betroffen sind.

Dass diese Verärgerung mit dem Kompromiss ausgeräumt wird, ist aber unwahrscheinlich. Denn die Gemeinschaftsprojekte können zwar fortgeführt werden, aber weiterhin keine Rüstungsgüter an Saudi-Arabien ausgeliefert werden. Bis Ende des Jahres soll es nun Konsultationen mit den Partnern Großbritannien und Frankreich über eine Lösung des Problems geben.

Zentral für die Bundesregierung ist, dass keine Rüstungsgüter mit deutschen Bauteilen im Jemen-Krieg eingesetzt werden, in dem Saudi-Arabien und die VAE eine zentrale Rolle spielen: „Die Bundesregierung wird sich in den Konsultationen gegenüber den Partnern dafür einsetzen, dass die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter im Jemen-Krieg nicht zum Einsatz kommen“, heißt es in einer Erklärung von Regierungssprecher Steffen Seibert zu dem Kompromiss.

300 Arbeitsplätze gefährdet

Diese Formulierung geht auf den Koalitionsvertrag vom März 2018 zurück, in dem Union und SPD einen Exportstopp für die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg beteiligten Staaten vereinbart, allerdings noch eine Hintertür für genehmigte Auslieferungen offen gelassen hatten. Saudi-Arabien hatte 2015 eine Allianz überwiegend arabischer Länder geformt, um die jemenitische Regierung im Kampf gegen die vom Iran geförderten schiitischen Huthi-Rebellen zu unterstützen. Der Krieg hat in dem bitterarmen Land auf der arabischen Halbinsel die derzeit größte humanitäre Krise weltweit ausgelöst.

Als am stärksten beteiligt gelten Saudi-Arabien und die VAE, auch wenn es keine offiziellen Angaben über den Umfang ihrer Militäraktionen gibt. Riad setzt nach arabischen Medienberichten etwa 100 Kampfjets für Bombardements im Jemen ein. Die VAE haben vor allem im Süden des Landes um die Hafenstadt Aden Soldaten stationiert.

Eine Sonderregelung fand die Bundesregierung für die von der Lürssen-Werft in Wolgast produzierten Patrouillenboote. Saudi-Arabien hat 35 der jeweils etwa 20 Millionen Euro teuren Boote bei dem Unternehmen bestellt. Erst 15 sind ausgeliefert. Sieben weitere sind fertig.

Für die noch zu produzierenden Boote will die Bundesregierung „in Verhandlungen mit der Werft eine Lösung für Schadensminderung finden, die entweder den Bau der Boote ermöglicht, ohne sie derzeit auszuliefern, oder den Bau der Boote für eine inländische Nutzung vorsieht“. Sie könnten zum Beispiel vom Zoll oder der Bundespolizei genutzt werden. Eine militärische Nutzung durch die Marine gilt als fraglich. Dafür sind die Boote eigentlich nicht konzipiert. In der Werft sind etwa 300 Arbeitsplätze gefährdet.