Kommt die „Deutschlandbank AG“? Foto: AFP

Nach vielen Spekulationen gehen Deutsche Bank und Commerzbank nun an den Verhandlungstisch. Das Ergebnis ist allerdings offen.

Frankfurt - Deutsche Bank und Commerzbank haben am Sonntag die Aufnahme von Verhandlungen über eine Fusion beschlossen. Man habe sich darauf verständigt, „ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen“, teilte die Commerzbank mit. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betonte in einem Schreiben an die Belegschaft: „Zum jetzigen Zeitpunkt steht keineswegs fest, ob es überhaupt zu einer Transaktion kommen wird.“ Der Vorstand müsse sich aber „mit Gelegenheiten beschäftigen, wenn sie sich bieten“. Über einen möglichen Zusammenschluss wird seit Monaten spekuliert. Befeuert wurden die Gerüchte durch die Politik: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) betont bei öffentlichen Auftritten immer wieder die Notwendigkeit starker Banken für die deutsche Wirtschaft. Bereits Anfang letzter Woche hatte er „Beratungen“ über die Lage bei Deutscher Bank und Commerzbank bestätigt und hinzugefügt: „Die Bundesregierung ist ein fairer Begleiter von privatwirtschaftlichen Diskussionen.“ Allerdings drängt sich der Eindruck auf, dass das Finanzministerium die Überlegungen in den Bankvorständen nicht nur begleitet, sondern maßgeblich beeinflusst hat. Neben seinem politischen Gewicht verfügt der Bund bei der Commerzbank auch über Stimmrechte, weil er mit einem Anteil von 15 Prozent größter Einzelaktionär des Instituts ist. Zudem wurde im Januar bekannt, dass Scholz beziehungsweise seine Staatssekretäre ab Mai mehr als 20 Gespräche mit ranghohen Vertretern der Deutschen Bank führten. Hinzu kamen mehrere Begegnungen mit Commerzbank-Chef Martin Zielke und Vertretern des Finanzinvestors Cerberus, der an beiden Banken beteiligt ist.

Börsenwert sinkt seit Jahren

Das Finanzministerium treibt offenbar die Sorge um, dass Commerzbank oder Deutsche Bank von einem ausländischen Institut übernommen oder schlicht und einfach in Bedeutungslosigkeit versinken könnten. Beide Geldhäuser stecken seit der Finanzkrise in einem tief greifenden Transformationsprozess; die Deutsche Bank kehrte nach drei Verlustjahren in Folge erst 2018 in die Gewinnzone zurück. Ihr Aktienkurs ist in den vergangenen fünf Jahren um gut 70 Prozent gefallen, die Commerzbank stieg im vergangenen Herbst sogar aus dem Deutschen Aktienindex (Dax) in die zweite Börsenliga ab. Wegen der niedrigen Börsenwerte wäre eine Übernahme eines der beiden Institute für eine finanzstarke Großbank aus dem Ausland verhältnismäßig einfach; allerdings würde sich die Käuferin damit auch Probleme ins Haus holen.

So steckt die Deutsche Bank mitten in der Integration der Tochter Postbank, die sich seit Jahren hinzieht. Obendrein hat das Unternehmen ein Problem mit den Kosten: Die Deutsche Bank muss für jeden Euro Ertrag mehr als 90 Cent ausgeben. Bei der Commerzbank ist das Verhältnis des Aufwands zum Ertrag zwar besser, im internationalen Vergleich aber ebenfalls zu hoch. Ein Grund dafür ist der innerdeutsche Wettbewerb: Wegen der starken Position von Sparkassen und Volksbanken im Privatkundengeschäft sind die Marktanteile der privaten Kreditinstitute deutlich kleiner als bei Großbanken in anderen Ländern. Im Falle einer Fusion der Deutschen mit der Commerzbank fiele zumindest ein Wettbewerber weg. Der Preis dafür wäre allerdings die Schließung zahlreicher Filialen, verbunden mit massiven Arbeitsplatzverlusten. Die Gewerkschaften lehnen einen Zusammenschluss deshalb ab. „Im ungünstigsten Fall muss man wohl den Abbau von 30 000 Stellen befürchten“, sagte Jan Duscheck, Bundesfachgruppenleiter Banken bei der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. Der Aktionärsschützer Klaus Nieding von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) bezeichnete die Fusionspläne als „wirtschaftlich unsinnig“.

Ein Zusammenschluss könnte Zehntausende Stellen kosten

Deutsche-Bank-Chef Sewing schrieb in seinem Brief an die Mitarbeiter, die Erfahrungen mit Fusionen zeigten, „dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe geben kann, die einem solchen Schritt entgegenstehen können“. Der Vorstand habe bei der Prüfung eines Zusammenschlusses „das Interesse des Unternehmens und aller beteiligten Gruppen im Blick“.