Der Co-Chef der Deutschen Bahn, Jürgen Fitschen, steht gemeinsam mit mehreren Ex-Managern in München vor Gericht. Foto: dpa

Im Deutsche-Bank-Prozess hat die Staatsanwaltschaft in München überraschend die Ladung von weiteren 30 Zeugen beantragt, darunter Medienunternehmer Rupert Murdoch, Springer-Chef Mathias Döpfner und Verlegerin Friede Springer.

München - Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, muss in den nächsten Monaten wohl noch mehr Zeit auf der Anklagebank im Münchner Landgericht verbringen als bislang gedacht. Völlig überraschend beantragte die Staatsanwaltschaft am Freitag im Strafprozess gegen Fitschen und vier ehemalige Top-Banker die Vernehmung von fast 30 weiteren Zeugen, um den Angeklagten versuchten Prozessbetrug im Fall Kirch nachzuweisen. Darunter sind auch mehrere prominente Namen wie Medienunternehmer Rupert Murdoch, Springer-Chef Mathias Döpfner und Verlegerin Friede Springer.

Die Verteidiger der angeklagten Banker zeigen sich empört

Die Verteidiger der angeklagten Banker zeigten sich empört über den Vorstoß und warfen der Behörde ein hilfloses Manöver nach dem Motto „rettet die Anklage“ vor. „Das alles halte ich für einen Riesenklamauk“, sagte Fitschens Verteidiger Hanns Feigen. Die Staatsanwaltschaft befürchte nach der bisherigen Beweisaufnahme offenbar einen Freispruch. Sollten die Richter den Anträgen zustimmen, würde der Prozess deutlich länger dauern als geplant.

Bislang war der letzte Verhandlungstag für den 13. Oktober vorgesehen, da fast alle bisher vorgesehenen Zeugen in den vergangenen vier Monaten bereits gehört worden waren. Die Sommerpause habe der Staatsanwaltschaft nun aber Gelegenheit gegeben, den bisherigen Prozessverlauf zu analysieren, sagte Oberstaatsanwältin Christiane Serini. Als Konsequenz daraus präsentierten die Ankläger die lange Liste der neuen Zeugen, mit denen die Behörde ihre Anklage untermauern will. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass die Richter sämtlichen Anträgen zustimmen werden. Eine Entscheidung wird an einem der nächsten Prozesstage im September erwartet. Richter Peter Noll bat die Beteiligten unabhängig davon aber bereits darum, sich Gedanken über zusätzliche Verhandlungstermine im Oktober und November zu machen.

Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Banker stehen seit Ende April wegen versuchten Prozessbetrugs vor Gericht. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft haben sie vor vier Jahren versucht, Richter des Oberlandesgerichts München zu täuschen, um Schadenersatzzahlungen der Deutschen Bank an den Medienunternehmer Leo Kirch abzuwehren. Die Angeklagten bestreiten dies.

Richter Andreas Harz aus dem damaligen Prozess konnte sich am Freitag als Zeuge noch gut an das spektakuläre Verfahren erinnern. Vor allem Breuers Auftreten war ihm noch in allen Details im Gedächtnis: Selbst die Art des Lächelns („verkrampft“) und die Körperhaltung („gebeugt, in sich zurückgezogen“). Die Richter hatten damals Zweifel an den Aussagen der Top-Banker geäußert und damit die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen.

Ackermann hatte sich vor wenigen Wochen über die Art der Prozessführung in dem damaligen Verfahren beklagt. Die Richter hätten tendenziöse Fragen gestellt, um ihre vorgefertigte Meinung zu bestätigen, einen rauen, unfreundlichen Ton angeschlagen und seine Aussage von Anfang an angezweifelt. „Die Atmosphäre und die Art der Befragung kamen mir feindselig vor.“ Harz wies diesen Vorwurf zurück. „Aus meiner Sicht haben wir uns distanziert höflich verhalten. Feindlich sicher nicht“, sagte er. „Wir haben teilweise energisch nachgesetzt, wenn uns etwas nicht schlüssig erschien.“