Das Start-up-Team der Deutschen Bank im Südwesten will junge Gründer mit den richtigen Ansprechpartnern in mittleren und großen Unternehmen zusammenbringen. Foto: Deutsche Bank

Keine Krawatte und Turnschuhe – junge Gründer aus dem Technologiebereich ticken anders. Eine Erfahrung, die auch die Deutsche Bank gemacht hat. Sie hat speziell für diese Kundengruppe ein Team aufgebaut.

Stuttgart - Banken und Start-ups – das waren bis vor Kurzem zwei Welten. Eine Erfahrung, die Saim Alkan nicht fremd ist. Der Wirtschaftsingenieur hat vor vier Jahren ein Unternehmen gegründet, das Schreibroboter entwickelt, die mittlerweile pro Tag 90 Millionen Texte in 28 Sprachen verfassen. „Wer braucht denn so was?“, blitzte er schon mal bei einer Bank ab. Entmutigt hat ihn das nicht. Als der 48-Jährige mit seinem Unternehmen „aus der Not heraus“ neu anfing, hatte er schon erfolgreich eine PR-Agentur mit fast 40 festangestellten Autoren aufgebaut. Dem Unternehmen setzte die Digitalisierung zu, die bei Standardtexten den Einsatz billiger Lohnschreiber möglich machte, was zu einem massiven Preisverfall führte. Alkan hatte die Idee, eine Software zu entwickeln, die automatisierte Texte schreibt. Doch keine Bank war bereit, in diese Idee Geld zu investieren. Fast zehn Jahre hat er nach eigenen Angaben daran gearbeitet. „Ich habe mein Haus am Killesberg und meine fünf 911er verkauft und alles Geld in die Entwicklung gesteckt.“ 2014 hat Alkan schließlich AX Semantics gegründet.

Start-ups sind Gründer aus dem Bereich der neuen Technologien. Die Schlagworte heißen künstliche Intelligenz, Roboter, Big Data und Industrie 4.0. Speziell für diese Kundengruppe hat die Deutsche Bank ein Netzwerk mit Start-up-Experten in Deutschland aufgebaut. Eine wichtige Aufgabe: Zugang zu verschaffen und die jungen Gründer mit den richtigen Ansprechpartnern in mittleren und großen Unternehmen zusammenzubringen.

Die jungen Gründer sind fast ausschließlich männlich

„Auch wir haben gemerkt, dass wir uns innovativen Gründern anders nähern müssen als jemandem, der ein klassisches Gewerbe aufbaut“, sagt Christian Stotz, der bei der Deutschen Bank verantwortlich für Firmenkunden in der Region Stuttgart ist. Erste Erfahrungen hätten die Bankkollegen in Berlin gemacht. Dort wurde die Bankfiliale Friedrichstraße plötzlich von jungen Gründern überrannt, die andere, „verrückte“ Fragen stellten. „Da konnte man nicht einfach zur normalen Kreditberatung übergehen“, sagt Stotz. Auch hier im Südwesten ticken die innovativen Gründer anders. Die fast ausschließlich jungen, männlichen Gründer schreiben E-Mails – „gerne auch nach dem ,Tatort‘ am Sonntagabend“.

Für Christian Stotz sind Start-ups eine interessante Kundengruppe. „Der nächste Weltmarktführer kommt eher nicht aus einem Familienunternehmen im produzierenden Gewerbe, sondern aus dem digitalen Umfeld“, ist der Deutschbanker überzeugt. Doch Investitionen in Start-ups sind riskant. „Eine, vielleicht zwei von zehn Gründungen kommen durch und sind irgendwann auch erfolgreich“, weiß Stotz. Das Verlustrisiko für Anleger sei erheblich, entsprechend zurückhaltend seien sie. Da es sich oft um unerfahrene Unternehmer, neue Produkte und neue Märkte handele, „ist die Gefahr eines Investitionsausfalls sehr viel höher als bei einem etablierten Unternehmen“.

Die Gründer brauchen die Bank als Türöffner

Die Deutsche Bank sieht sich als Vermittler, wie Stotz erklärt: „Wir organisieren Veranstaltungen oder ein Dinner in kleinerem Kreis, bei dem Gründer und potenzielle Investoren aus dem Mittelstand zwanglos aufeinandertreffen können, wo neue Ideen vorgestellt werden können und sich schnell zeigt, ob eine Idee zündet oder nicht.“ Die Gründer brauchen die Bank als Türöffner zu den Anzugträgern in den Konzernen, zu denen sie allein nie vorstoßen würden.

In Baden-Württemberg ist die Deutsche Bank mit einem Start-up-Team in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, Heilbronn, Ulm, Konstanz und Aalen vertreten. Regionalität wird großgeschrieben. „Eine Fixierung auf bestimmte Branchen gibt es nicht“, sagt Waldemar Kuhn aus dem 14-köpfigen Start-up-Team Südwest.

Die Deutsche Bank ist mit ihren Start-up-Teams nur hin und wieder selbst als Investor unterwegs, im Vordergrund steht das klassische Bankgeschäft, das entwickelt werden will. Bei vielen Kontakten bleibe es zunächst beim Gespräch, sagt Stotz. Manchmal dauere es über ein Jahr, bis es zu einer tatsächlichen Kundenbeziehung kommt, beispielsweise durch eine Kontoeröffnung. Oftmals werden auf diesem Wege Kontakte zwischen Bank und Gründer geknüpft, die später vertieft werden, wenn das beratene Unternehmen größer wird und es um die Internationalisierung geht. Wenn sich das Auslandsgeschäft entwickelt, wird es schnell sehr komplex, sagt Saim Alkan. Bei ihm steht ein Großkunde aus den USA vor der Tür. Dadurch würde sich der Umsatz verdoppeln, die Hälfte davon fiele in US-Dollar an. Plötzlich heißt es, sich gegen Währungsschwankungen abzusichern. „Spätestens jetzt stoßen wir mit unseren Kompetenzen als schwäbisches Gründerteam an unsere Grenzen.“ Die Deutsche Bank stellt die Devisenexperten und ein externes Netzwerk zur Verfügung, damit sich das Gründerteam primär um seine Hauptaufgabe kümmern kann.

Auch die Deutsche Bank muss sich verändern

Alkan ist mit seinem Unternehmen ein ganzes Stück vorangekommen: „Wir sind auf dem Sprung in den Massenmarkt.“ Auch die Bank profitiere von den Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Start-ups, erklärt Stotz. „Wir können unsere Mittelstandskunden besser beraten bei Fragen, die sie umtreiben.“ Ohnehin steht für ihn fest: „Wir müssen uns als Bank mit der Welt verändern, damit wir morgen noch relevant für alle Kundengruppen sind.“

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