Die orangen Locomore-Züge könnten bald ganz von den Schienen verschwunden sein. Foto: dpa

Nur fünf Monate nach dem Start der Bahn-Pendelverbindung zwischen Stuttgart und Berlin sind die Fahrten der privaten Locomore-Züge vorerst ausgesetzt worden. Das Unternehmen hatte am Donnerstag Insolvenz angemeldet.

Berlin/Stuttgart - (dpa/rec). Fünf Monate nachdem der private Deutsche-Bahn-Konkurrent Locomore mit seiner Fernreiseverbindung zwischen Stuttgart, Frankfurt, Hannover und Berlin gestartet ist, wurde der Bahnverkehr zwischen Berlin und Stuttgart am Freitag eingestellt – mindestens bis zum Montag, 15. Mai. Auch Züge in der Gegenrichtung verkehren vorerst nicht mehr. Der letzte Locomore-Zug war am Freitagmorgen vom Stuttgarter Hauptbahnhof gestartet. Am Donnerstag hatte das Bahn-Start-up beim Amtsgericht Charlottenburg einen Insolvenzantrag gestellt, weil die finanziellen Reserven des Unternehmens, das sich über Crowdfunding die nötigen Mittel für den Pendelverkehr zwischen Spree und Neckar besorgt hatte, aufgebraucht waren. Ob die Locomore-Züge von der kommenden Woche an wieder verkehren, war vor dem Wochenende offen. Der Ticketverkauf für Fahrten mit den Locomore-Zügen wurde eingestellt. Ob die Käufer von Tickets künftig geplanter Fahrten ihr bereits gezahltes Geld zurückerhalten, ist unklar. Nur bei ausreichender Insolvenzmasse können die Kunden aber später etwas zurückerwarten.

Wiederaufnahme des Betriebs ist nur mit neuen Investoren möglich

Die Kanzlei des vorläufigen Insolvenzverwalters Rolf Rattunde stellte klar, eine Wiederaufnahme des Zugbetriebs sei nur mit neuen Investoren möglich. Es gebe Verhandlungen mit „mehreren Interessenten“.

Der Verwaltungswissenschaftler und Bahnexperte Derek Ladewig gründete die Firma Locomore Rail bereits 2007. Zusammen mit zwei Partnerfirmen gelang es ihm 2012, den Hamburg–Köln-Express (HKX) auf die Schiene zu bringen. Mittels Crowdfunding konnte Locomore mehr als 900 000 Euro einsammeln und so die Verbindung Stuttgart – Berlin starten und betreiben.

Zu wenig Tickets verkauft

„Sowohl die Anzahl der Fahrgäste als auch die Einnahmen pro Fahrgast sind zwar kontinuierlich angestiegen, aber nicht schnell genug, um vollständig kostendeckend zu arbeiten“, teilte die Geschäftsführung mit. Von Anfang an war klar, dass Locomore schnell die Schwelle zur Kostendeckung erreichen musste. „Die Züge müssen mindestens halb voll sein“, hatte Locomore-Chef Ladewig als Ziel ausgegeben, das wären etwa 1000 verkaufte Tickets pro Tag gewesen – die in der Regel günstiger als die der DB waren. Wegen technischer Probleme mit den eingesetzten Waggons musste Locomore den Verkehr Anfang 2017 einschränken, fuhr von Ende Januar bis Anfang April statt täglich nur noch an vier Tagen in der Woche.

Südwest-Verkehrsministerium beklagt Hindernisse für DB-Konkurrenten

Das baden-württembergische Verkehrsministerium sieht grundsätzliche Hindernisse für Bahn-Konkurrenten: „Bedauerlicherweise ist es dem Bund seit der Bahnreform nicht gelungen, die Rahmenbedingungen im Schienenfernverkehr so zu gestalten, dass Wettbewerb entstehen kann.“ Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums meinte am Freitag: „Wir sind bemüht, den Wettbewerb auf der Schiene zu ermöglichen und zu fördern.“ Er verwies darauf, dass der Anteil von Konkurrenten der Deutschen Bahn im Nahverkehr gewachsen sei.