Züge der britischen Bahn-Tochter Arriva fahren auch in Deutschland. Foto: dpa

Die Deutsche Bahn soll demnächst die britische Tochter abgeben und sich auf bessere Zug- und Busangebote in Deutschland konzentrieren.

Berlin - Die bundeseigene Deutsche Bahn AG bereitet den Verkauf der britischen Auslandsplattform DB Arriva vor, die rund 60 000 Mitarbeiter in 14 Ländern beschäftigt. Der Aufsichtsrat des größten Staatskonzerns soll nach Informationen unserer Redaktion am kommenden Mittwoch die Grundsatzentscheidung dazu fällen.

Demnach wird DB-Chef Richard Lutz den Auftrag bekommen, bis zum Herbst einen Fahrplan zur Abspaltung vorzulegen. In der Vorlage für den DB-Aufsichtsrat heißt es, dass bis dahin ein Wirtschaftsprüfer und eine Investmentbank beauftragt werden, um den Firmenwert zu ermitteln und Investoren zu finden. Die Option, Arriva an die Börse zu bringen oder nur zum Teil zu verkaufen, bleibt zunächst offen.

Ein Bahn-Sprecher wollte die Informationen auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren und verwies auf das Treffen des Aufsichtsrats. Zuvor werde man zu anstehenden Beschlüssen keine Stellungnahme abgeben.

Ein vollständiger Ausstieg könnte drei bis vier Milliarden Euro Erlös bringen

Der Verkauf von Arriva soll die großen Finanzprobleme des ertragsschwachen und mit rund 20 Milliarden Euro hoch verschuldeten Bundesunternehmens etwas lindern. Ein vollständiger Ausstieg könnte drei bis vier Milliarden Euro Erlös bringen, heißt es. Das gilt jedoch als ungewiss, weil der Brexit den Wert mindern könnte. Die DB hatte Arriva kurz nach dem Antritt von Ex-Chef Rüdiger Grube im Jahr 2010 für rund drei Milliarden Euro gekauft und dafür weitere hohe Kredite aufgenommen.

Die großen Renditehoffnungen hat die Auslandsplattform allerdings nicht erfüllt. Mit 5,3 Milliarden Euro Umsatz und 301 Millionen Euro bereinigtem Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) steuerte Arriva 2017 rund ein Achtel zum DB-Konzernumsatz und knapp ein Siebtel zum Betriebsgewinn bei. Die neuen Zahlen werden kommenden Donnerstag auf der DB-Bilanzpressekonferenz in Berlin veröffentlicht.

Laut internen DB-Unterlagen, die unserer Redaktion vorliegen, bringt die britische Tochter rund neun Prozent Kapitalrendite. Demnach ist Arriva nur halb so profitabel wie die DB-Logistiktochter Schenker, die weltweit mehr als 70 000 Mitarbeiter beschäftigt. Auch deren Verkauf wird von Teilen der Opposition im Bundestag schon lange gefordert, da Lkw-, Luft- und Schiffstransporte nicht die Aufgabe eines Staatsunternehmens seien. Die Regierungskoalition hat sich anders als bei Arriva aber dem Vernehmen nach darauf verständigt, Schenker vorerst zu behalten.

Mit dem Verkauf von Arriva bekommt die DB einen neuen Konkurrenten

In den internen DB-Unterlagen wird das gebundene Kapital bei Arriva auf 3,4 Milliarden Euro veranschlagt. Die Nettoschulden werden mit 900 Millionen Euro angegeben. Daraus ergibt sich ein Substanzwert von rund 2,5 Milliarden Euro. Für den Verkaufspreis spielt aber meist der Ertragswert die wichtigere Rolle, also die kalkulierten Gewinne der nächsten Jahre.

Der Verkauf von Arriva und Schenker ist seit Jahren in der Bundesregierung und im Konzern umstritten. Befürworter argumentieren, die DB solle sich auf das deutsche Kerngeschäft konzentrieren und die Einnahmen für die dringend nötige Modernisierung des Schienennetzes, der Bahnhöfe und Zugflotten einsetzen. In den Konzernplanungen klafft derzeit eine gewaltige Finanzlücke von vier Milliarden Euro, wie DB-Chef Lutz selbst im Aufsichtsrat bei der Vorstellung seiner vertraulichen 200-seitigen „Agenda für eine bessere Bahn“ betonte.

Die Gegner des Verkaufs verweisen darauf, dass das internationale Geschäft deutlich größere Renditen abwerfe als das Geschäft der DB im Inland. In ihrer Agenda schreibt die DB-Spitze, Arriva und Schenker erwirtschafteten „Renditen oberhalb der Kapitalkosten und beeinflussen Rentabilität und Bonität des Konzern positiv“. Das gelte besonders für Schenker. Mit dem Verkauf von Arriva bekommt die DB zudem einen neuen Konkurrenten, da sich die bisherige Tochter dann um Bahn- und Busaufträge in Deutschland bewerben kann.

Höhere Investitionen mit steigender Verschuldung finanziert

In der bisherigen Mittelfristplanung der DB-Spitze bis 2023 waren auch die Erträge von Arriva einkalkuliert. Bis dahin soll der größte Staatskonzern so rentabel sein, dass zumindest die Kapitalkosten verdient werden. Bisher ist das nicht der Fall. In den letzten Jahren habe die DB die höheren Investitionen im deutschen Kerngeschäft nur mit steigender Verschuldung finanzieren können, heißt es in den internen Unterlagen. Und das, obwohl der Bund als Eigentümer seit 2016 bereits eine Milliarde Eigenkapital zugeschossen habe und auf Dividenden von weiteren 1,4 Milliarden Euro verzichtet.