Seit zwei Jahrzehnten ein Faktor in der Stuttgarter Kultur: das Deutsch-Türkische Forum Foto: /Leif Piechowski

Vor zwei Jahrzehnten ist das Deutsch-Türkische Forum gegründet worden. Ziel des Vereins: Den Dialog zwischen türkischer Community und der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu verbessern. Doch bis heute ist das Miteinander keine Selbstverständlichkeit.

Stuttgart - Als sogenannte Gastarbeiter lebten die vielen türkischstämmigen Bürger seit Jahrzehnten in Stuttgart, das Miteinander aber ließ noch immer zu wünschen übrig. Eine Studie des Essener Zentrums für Türkeistudien hatte erbracht, dass die Distanz zwischen deutscher Mehrheitsbevölkerung und türkischer Minderheit größer geworden sei. Vor diesem Hintergrund wurde am 27. September 1999 das Deutsch-Türkische Forum (DTF) aus der Taufe gehoben.

Der Gründung waren Jahre mit Diskussionen teils namhafter Bürger der Stadt vorausgegangen, darunter der frühere Daimler-Vorstandschef Edzard Reuter und Ersin Ugursal, der damalige Präsident der Deutsch-Türkischen Gesellschaft. „Sie haben sich Gedanken gemacht, wie man den Dialog zwischen den türkischstämmigen Stuttgartern mit den anderen Bürgern verbessern kann“, sagt Kerim Arpad, der heute die Geschäfte des DTF leitet.

Alt-OB Manfred Rommel war dabei

Möglich gemacht wurde die Gründung auch durch die kräftige finanzielle Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung. Alt-OB Manfred Rommel, der erste Vorsitzende des DTF-Kuratoriums, hatte gesagt: „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, an diesem Forum mitzuwirken.“ Vorstandsvorsitzender wurde Ahmet Bayaz. Zu den Unterstützern gehörte auch der damalige OB Wolfgang Schuster, der seit etwa einem Jahr dem Kuratorium des Vereins vorsteht.

Bis heute organisiert das Forum Diskussionen, bietet Kulturveranstaltungen und macht Bildungsprojekte. Zusammen etwa mit dem Literaturhaus, dem Renitenztheater, der Stadtbibliothek und dem Delphi Arthaus Kino präsentiert man die zeitgenössische Kulturszene der Türkei in Stuttgart, sagt Arpad. 30 bis 40 Veranstaltungen seien es im Jahr. Für die erste Veranstaltung holte man den damals wenig bekannten Schriftsteller Orhan Pamuk, etwa 80 Personen kamen. Nachdem dieser den Nobelpreis für Literatur bekommen hatte, zählte man 1800 Besucher in der Liederhalle.

Türkische Politik mehr als früher ein Thema

Im Schwerpunkt Bildung bietet das Forum unter anderem Elternbildung. Mit dem Stipendien- und Mentorenprogramm Agabey-Abla (großer Bruder-große Schwester) unterstützen türkischstämmige Studierende und Gymnasiasten jüngere Schüler. Und in den vergangenen Jahren haben Jugendliche aus dem Verein im Projekt Merhaba junge Geflüchtete unterstützt. Mittlerweile versteht man sich immer mehr als interkulturelle Einrichtung. So organisiert man seit einigen Jahren mit der Stadt das interkulturelle Kinderfest. Mehr als in den Anfangsjahren bestimme die Entwicklung der türkischen Politik die Arbeit des Forums etwa durch Diskussionsveranstaltungen. „Erdogans aggressive Politik hat das verstärkt“, sagt der Vereinsgeschäftsführer. „Der Dialog ist dadurch nicht einfacher geworden.“ Das Miteinander sei noch immer keine Selbstverständlichkeit. In den Vorjahren haben auch die Verbrechen des NSU gegen türkischstämmige Bürger im Programm des DTF eine wichtige Rolle gespielt.

Verein hat 400 Mitglieder

Der Verein hat rund 400 Mitglieder, etwa 60 Prozent mit türkischen Wurzeln. Die größte Gruppe unter den Migranten in Stuttgart ist laut Statistik seit 2010 übrigens kleiner geworden, sie hat von 34 974 auf 33 750 um 1224 Personen leicht abgenommen.

Am heutigen Freitag feiert das DTF sein 20-Jahr-Jubiläum mit einem Fest im Württembergischen Kunstverein.