Günter Benz, Schraubenschlüssel in der Rechten und Rätsche in der Linken, war ein Mechanikerleben damit beschäftigt, flügellahme Enten zu kurieren. Fotos: Horst Rudel Foto:  

Die Fan-Gemeinde des französischen Kultmobils 2 CV hat Schnappatmung. Der Dettinger Entenvater Günter Benz droht, den Schraubenschlüssel altershalber aus der Hand zu legen.

Dettingen - Der Mann hat die Statur und die Stimmgewalt eines markigen Burgschauspielers. Und tatsächlich ist ihm eine künstlerische Ader auch nicht abzusprechen. Doch der Händedruck, eher einem Schraubstock vergleichbar, weist zunächst einmal in eine andere Richtung: Günter Benz ist viel dekorierter Kraftfahrzeugmeister und Werkstattbesitzer, freilich einer mit einer ganz bestimmten Spezies von Vehikeln, die ihm den fürsorgenden Titel eines „Entenvaters“ eingebracht haben. Die gemischtrassige Gesellschaft, die den Hof in Dettingen vornehmlich bevölkert, stammt aus dem Hause Citroën und läuft kurz und bündig unter dem Namen „Dööschöwo“.

Bald 45 Jahre lang war das Entennest gleich an der Dettinger Hauptstraße Anlaufstelle für 2-CV-Besitzer aus nah und fern – und dies umso mehr, als anno 1990 die Produktion der nonkonformistischen Kultkugel eingestellt worden war. Mit Erfahrung und Branchenkenntnis, mit viel Sonderwerkzeug und noch mehr Improvisationsgeschick mussten in der Folge die Engpässe einer Mangelwirtschaft ausgeglichen werden, und da lag der Günter goldrichtig. Doch jetzt, mit bald 80 Lenzen, will er Schraubenschlüssel und Lötkolben definitiv Valet sagen.

„Was soll aus uns werden ohne ihn?“

Ein Kirchheimer Physiotherapeut bringt die düsteren Aussichten auf diesen Nenner: „Was soll aus uns werden ohne ihn?!“ Mit seinem zweiten mobilen Schnattertier habe er geheiratet, sagt der gute Mann, die jetzige Numero vier in der Entenchronologie wurde und wird vom originalen Kühlergrill bis zum Steinschlagschutz an den Kotflügeln kontinuierlich aufgepeppt, unter diversen Signalhörnern sticht die Marseillaise heraus.

Das drohende Aus beim Benz – obwohl es kaum einer so richtig glauben mag – ruft auch viele Episoden in Erinnerung, nicht nur in Sachen „Entenmanie“. Der renommierte Kirchenmusiker Ernst Leuze habe ihn einmal als „Mechaniker mit den goldenen Fingern“ geadelt, sagt der Günter, nachdem er die darbenden Hydraulikleitungen an des Musikers C 5 Kombi Diesel derart durchschlagend auf Vordermann gebracht hatte, dass das Gefährt seinen Kilometerstand von 200 000 in der Folgezeit noch auf 450 000 habe aufstocken können.

Psychologische Symbiose zwischen Übervater und Fangemeinde

Was die goldenen Finger des Mechanikmaestros angeht, so hat das Ganze noch eine weitere Bewandtnis: Günter Benz, der Mann fürs (handwerklich) Grobe, gilt auch als talentierter Klavierspieler und hat nach eigenen Worten in seinem Leben bis dato „fünf Klavierlehrer verschlissen“. Über Jahre hinweg hat der gebürtige Geislinger zudem immer donnerstags um Punkt vier Uhr nachmittags die Werkstatttür für ein Stündchen zugesperrt, um im angrenzenden Wirtshaus zum Löwen eine Rentnerrunde musikalisch zu erfreuen.

Wer in diesen Tagen des drohenden Finales das Kommen und Gehen der Stammkundschaft miterlebt, der erfährt auch was über die psychologische Symbiose zwischen Übervater Günter und seiner Fangemeinde: Banker und Bauunternehmer, Mediziner und Musiker, Pädagogen und Psychologen, Bastler und Oldtimerfreunde suchen und finden über die eigenwilligen Vehikel einen Draht zueinander. Die Ahnung einer klassenlosen Gesellschaft am Steuer stößt freilich mit Blick auf die komplette Litanei der Citroen-Abkömmlinge rasch an ihre Grenzen. Was aber allen Markenbewussten in diesem Fall bleibt, sind die vielen Legenden, die sich um die lange Geschichte des Dettinger Autohauses ranken. Bis hin zu einer „Verschrottungsparty“, die seine Besitzerin einem BX Automatik angedeihen ließ, dessen Dasein immer mal wieder von Vergaserproblemen überschattet war.

Ein 2-CV-Cabrio und eine selbst gefertigte Pick-up-Version zum 60. Geburtstag des Schnatterviehs sind ihrem Schöpfer schon mal aufs Altenteil in einem Privatmuseum im fränkischen Gunzenhausen vorausgerattert. Dass der Entenvater im Juli letztmals den Werkstattschlüssel hinter sich herumdreht, glaubt ihm selbst seine eingeschworene Jüngerschar – die Frage sei nur in welchem Jahr.