Eberhard Ziegler darf jährlich 300 Liter reinen Alkohol herstellen. Foto: Gottfried Stoppel

Die Landwirtsfamilie Ziegler in Streich produziert seit vielen Generationen Obstbrände – neuerdings auch Whiskey. In dieser Woche beginnt auf dem Hof am Ortsrand die Brennsaison. In den Fässern warten viele hundert Liter Obstmasse

Berglen - Schnapsflaschen, so weit das Auge reicht Schnapsflaschen. Pardon, Schnaps sollte man doch eigentlich nicht mehr sagen, hört sich so profan an, das Wort, nach Suff und nach Fusel. Die Regale im Eingangsbereich des im Mai eröffneten Hoflädles der Familie Ziegler im Berglener Teilort Streich sind gut gefüllt mit feinen Destillaten und Likören in kleinen und größeren Fläschchen. Obstler und Williams, Kirschwasser, Kornbrand und manches mehr ist im Angebot.

Die Kirschen gären vor sich hin

Eberhard Ziegler, seine Frau Sonja und die erwachsenen Kinder veredeln das Obst von den eigenen Wiesen in den Berglen. Zugekauft wird kaum etwas. Schon seit vielen Generationen produzieren die Zieglers Hochprozentiges. In dieser Woche soll auf dem Hof die neue Brennsaison beginnen. In den Fässern warten viele hundert Liter Fruchtmasse. Die rund 800 Liter Kirschen zum Beispiel lagern schon seit Juli in den luftdicht verschlossenen Gefäßen und gären vor sich hin. „Wir hätten schon vor ein paar Wochen brennen können, hatten aber keine Zeit“, erzählt Eberhard Ziegler an diesem Abend nach der Arbeit im Kuhstall. Im Vorjahr habe er schon im September mit dem Brennen abgefangen .

Die Zieglers verkaufen freilich nicht bloß Destillate, sondern auch Milch, Fleisch und Wurst. Eberhard Ziegler ist gelernter Metzger, sein Sohn Christoph ist Landwirt und Metzger. Im Lädle gibt es zudem selbst gebackenes Bauernbrot, Marmelade, Honig, Müsli, Kartoffeln aus eigenem Anbau, Landeier sowie Obst und Gemüse aus der Region. Die Kunden können einen Raum für Partys und andere Veranstaltungen anmieten und werden bewirtet. Zudem können sie Planwagentouren buchen. Auf Wunsch werden dann zu vorgerückter Stunde Obstler und Co. gereicht.

1022 Euro Steuern je 100 Liter Alkohol

Im Brenndepot lagern auch rund 3000 Liter Williams, 2000 Liter Most und knapp 400 Liter Quittenmasse. Eberhard Ziegler sagt, er schöpfe sein Brennrecht immer komplett aus. Als sogenannter Kleinbrenner darf er jährlich 300 Liter reinen Alkohol herstellen, dafür muss er je 100 Liter 1022 Euro Steuern bezahlen, also insgesamt 3066 Euro. Die Zahlungen werden unmittelbar nach dem Brennen fällig. Die Destillate, die im Laden auf dem Hof am Ortsrand von Streich im Regal stehen, sind also gebundenes Kapital. „Ich könnte den Alkohol auch sofort an den Großhandel verkaufen und mit diesen Einnahmen die Steuern gleich bezahlen“, sagt er. Das machen die Zieglers aber nicht.

Die Familie verkauft die Destillate und Liköre entweder auf dem Hof oder in Stuttgart auf dem Wochenmarkt, wo sie dienstags, donnerstags und samstags einen Stand haben. Die Stammkundschaft, die in Streich einkaufe, komme größtenteils aus dem Altkreis Waiblingen, „auch weil wir in der Lokalzeitung werben“, erzählt Eberhard Zieglers Ehefrau Sonja, die auf dem Hof in Streich aufgewachsen ist.

Die Geschäfte laufen offenbar ganz gut, auch weil die Preie moderat sind. Ein Liter Williams zum Beispiel kostet 18 Euro. Im Lädle hängen Listen mit den Auszeichnungen, welche die Zieglers für ihre Brände eingesammelt haben. Bei der Landesprämierung 2015 haben sie zehn Gold-, zwölf Silber- und vier Bronzenmedaillen bekommen. Ganz neu im Angebot ist Whiskey. Eigentlich, sagt Eberhard Ziegler, habe er damit gar nicht erst anfangen wollen – weil viele Kollegen Whiskey machen. „Wer soll das alles kaufen?“, habe er sich gefragt. Doch dann habe er ein paar Liter hergestellt – der Whiskey war im Nu weg. Zurzeit reife junger Whiskey in kleinen Fässern.

Allein im Örtchen Streich mit seinen rund 200 Einwohnern arbeiten außer den Zieglers vier weitere Kleinbrennereien. Immer im Frühling zeigen sie, was sie drauf haben. Spätestens bei der Veranstaltung „Streich brennt“ am Samstag, 2. April kommenden Jahres, will Eberhard Ziegler wieder seinen Whiskey ausschenken.