Die Urnen stehen bereit – am Sonntag wird gewählt. Foto: dpa

Am Sonntag entscheiden die Stuttgarter über die Zusammensetzung des neuen Gemeinderats. Zudem finden Europa- und Regionalwahlen statt. Das Endergebnis der Kommunalwahl steht erst am Dienstagabend fest. Am Sonntag gibt es aber schon einen Fingerzeig.

Stuttgart - Am Sonntag wird nicht nur das Europaparlament neu gewählt. Die Wähler entscheiden auch über die Zusammensetzung der Regionalversammlung und des Stuttgarter Gemeinderats. Wir haben die wichtigsten Fakten zur Wahl noch einmal zusammengetragen.

Das Wahl-Prozedere

Die Wahllokale in der Landeshauptstadt sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Wer seine Stimmen nicht bereits per Briefwahl abgegeben hat, kann seine bereits ausgefüllten Stimmzettel an seinem jeweiligen Wohnort in einem Wahlumschlag stecken und in die Urnen werfen. Die Adresse des Wahllokals ist auf der Wahlbenachrichtigung vermerkt. Am Wahltag werden 2750 ehrenamtliche Wahlhelfer in 350 Wahllokalen und 107 Briefwahlbezirken eingesetzt, die Auszählung der Gemeinderatswahl wird von rund 1600 städtischen Mitarbeitern bewältigt. Das Endergebnis der Wahl liegt wegen der komplizierten Auszählung erst am Dienstag vor: Am Sonntag wird es eine Prognose des SWR zum Wahlausgang geben, am Montag liegt dann das Ergebnis nach Stimmzetteln vor, die die Auswirkungen des Kumulierens und Panschierens noch nicht berücksichtigen.

Wer darf wählen?

Wahlberechtigt bei der Kommunalwahl sind alle deutschen Staatsangehörigen im Sinne des Artikel 116 Grundgesetz oder wer „die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Union besitzt (Unionsbürgerschaft)“, sofern er mindestens 3 Monate in der entsprechende Gemeinde wohnt und das 16. Lebenjahr vollendet hat. In Stuttgart sind dies 452 000 Bürger. Bei der Regionalwahl sind Unionsbürger dagegen nicht wahlberechtigt. Bei der Europawahl können sich EU-Bürger entscheiden, ob sie am Wohnort oder im Herkunftsland ihre Stimme abgeben. Im Gegensatz zur Kommunalwahl müssen sie das 18. Lebenjahr vollendet haben. Wahlberechtigt sind bei der EU-Wahl knapp 381 000 Bürger.

Die Ausgangslage

In der Landeshauptstadt kandidieren 20 Parteien und Wählervereinigungen für das Rathaus – ein Nachkriegsrekord. Spannend ist die Frage, ob sich in Stuttgart die bisher rechnerisch vorhandene ökosoziale Mehrheit hält oder ob die bürgerlichen Parteien künftig über die meisten Stimmen im Gemeinderat verfügen. Stärkste Fraktion im Rat istseit 2014 die CDU mit 17 Sitzen, gefolgt von den Grünen mit 14 Mandaten. Die SPD hat neun Mandate zu verteidigen, die Freien Wähler 4 und SöS und Linke jeweils 3. Die FDP verlor im Lauf der Legislatur einen Stadtrat an die AfD und ist noch mit drei Parteifreunden vertreten. Die AfD hatte sich intern zerstritten, zwei ihrer ehemaligen Stadträte firmieren nun als Bündnis Zukunft Stuttgart 23. Hinzu kommen Einzelstadträte der Liste Schertlens Unabhängige Bürger (vormals Stadtisten), der Piraten und der Jungen Liste. Die Liberal-Konservativen Reformer, bisher mit einem Nachrücker vertreten, treten nicht mehr zur Wahl an.

Das Wahlergebnis 2014

Die CDU erzielte bei der Europawahl in Stuttgart 30,9 Prozent, die SPD kam auf 23,3 Prozent. Die Grünen lagen mit 19,6 Prozent auf Rang drei, gefolgt von der AfD (7,5) der Linken (5,8) und der FDP (5,4). Bei der Gemeinderatswahl lagen die Christdemokraten bei 28,3 Prozent, die Grünen bei 24 Prozent, die Sozialdemokraten kam auf 14,3 Prozent und die Freien Wähler bei 7,1 Prozent. Die FDP kam auf 5,9, die SÖS landete bei 5,4, die Linke bei 4,5 Prozent und die die AfD kam auf 4,7 Prozent. Piraten (2 Prozent), Stadtisten (1,7 Prozent) und Studentische/Junge Liste (1,2 Prozent) entsandten jeweils einen Vertreter. Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl lag bei 53,2 Prozent, 46,6 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten sich am Votum für den Stuttgarter Gemeinderat.

Wie ist der Stand bei der Briefwahl?

Beim Statistischen Amt, das als Wahlamt fungiert, sind Stand Freitag 98 500 Anträge auf Briefwahl eingegangen. Das entspricht etwa einem Viertel der gesamten Wählerschaft und ist ebenfalls Nachkriegsrekord in Stuttgart. Vor fünf Jahren waren es noch 70 340 Anträge. Wie viele Menschen ihre Stimmzettel bereits verschickt haben, kann Amtsleiter Thomas Schwarz nicht sagen. Es gab diesmal offenbar auch wegen der hohen Zahl der Anträge Probleme beim Versand. Manche Bürger mussten ein bis zwei Wochen auf den Eingang der Briefwahlunterlagen warten. Andere waren genervt, weil über den heißen Draht der Stadt zur Wahl (Telefon 07 11 / 216 - 922 33) oft kein Durchkommen gewesen sei. Amtsleiter Schwarz sieht die Verwaltung an ihren Grenzen: „Wenn die Fristen für die Aufstellung der Wahllisten und die Fristen für die Briefwahl so bleiben, können wir das irgendwann nicht mehr bewältigen.“ Die Teilnahme an der Wahl ist dennoch möglich: Wer am Sonntag da ist, kann im jeweiligen Wahllokal sein Votum abgeben. Dort gibt es auch die Stimmzettel für die Europawahl.