Daniel Ginczek und der VfB Stuttgart können sich in der kommenden Saison ganz auf die Bundesliga und den DFB-Pokal konzentrieren. Foto: Baumann

Die Lehren der Bundesligasaison für unseren Autor Dirk Preiß: Der FC Bayern muss sich neu erfinden, und für den VfB Stuttgart muss es kein Fehler sein, wenn er das internationale Geschäft noch aus der Ferne beobachtet.

Stuttgart - Deutscher Fußball, Bayern-Dominanz, Langeweile – war da was? Das Ende dieser Saison vermittelt den Eindruck, dass der Riese doch ins Wanken zu bringen ist. Am letzten Bundesliga-Spieltag überrumpelte der VfB Stuttgart die Münchner bei deren Meisterfeier. 4:1 hieß es am Ende. Noch drastischer fiel das bajuwarische Frusterlebnis am Samstagabend in Berlin aus. Eintracht Frankfurt profitierte zwar auch von einer Schiedsrichterentscheidung in der Nachspielzeit, riss dem Rekordmeister, der sich mehrheitlich auch noch ohne anerkennenden Applaus aus dem Staub machte, den sicher geglaubten Pokalsieg aber alles andere als unverdient aus den Händen. 3:1, eine Riesenüberraschung – und eine Art Götterdämmerung? Mitnichten.

Die Abschlusstabelle der Bundesliga weist immerhin 21 Punkte Vorsprung der Bayern auf den FC Schalke 04 aus, auf dem oberen internationalen Niveau ist der FCB seit Jahren der einzige deutsche Vertreter, und wenn es um finanzielle Voraussetzungen geht, sind die Münchner dem Rest der Liga ohnehin weit enteilt. Man sollte also nicht unbedingt davon ausgehen, dass ab dem 24. August 2018 sich die Spannung unter das Titelrennen der Fußball-Bundesliga mischt.

Der FC Bayern muss sich neu erfinden

Andererseits haben die Münchner erlebt, dass die Renaissance der erfolgreichen Zeiten Grenzen hat. Jupp Heynckes hat es verstanden, seine Spieler an das zu erinnern, was viele von ihnen 2013 das Triple gewinnen ließ. Letztlich kam die Mannschaft in ihrer aktuellen Zusammensetzung aber nicht mehr an die damalige Klasse heran – auch, weil wichtige Säulen des Teams verletzt und mittlerweile eben auch fünf Jahre älter sind. Dass sich der Meister nach dem endgültigen Ende der Ära Heynckes auch ein Stück weit neu erfinden muss (vor allem auch, um in der internationalen Spitze konkurrenzfähig zu bleiben), wurde zuletzt sehr deutlich. Wie groß der Wille dazu ist (die Verträge der Routiniers Arjen Robben und Franck Ribéry wurden noch einmal verlängert), bleibt abzuwarten. Immerhin: Neu-Trainer Niko Kovac tritt als Bayern-Bezwinger sein künftiges Amt als Cheftrainer der Münchner gestärkt an.

Doch ganz egal, wie der Kroate beim FCB startet – der Rest der Liga wird sich weiter strecken müssen, um die Dominanz der Bayern zumindest ein wenig einzudämmen. Allein mit mangelnden finanziellen Mitteln ist der riesige Abstand nicht zu erklären – die Fehler-Minimierung der Möchte-gern-Verfolger im eigenen Handeln wäre schon ein wichtiger Schritt für eine etwas ausgeglichenere Liga, auch an der Spitze. Zu der der VfB Stuttgart auf Sicht wieder gehören will.

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Der letztjährige Aufsteiger hat zuletzt wahrlich wenige Fehler gemacht, hat Platz sieben erreicht und zumindest angeklopft an die Tür zum internationalen Geschäft. Dass die Tür zur Qualifikation für die Europa League aufgrund des Pokalsieges der Frankfurter nun doch geschlossen blieb, ist kein Beinbruch. Zwar wäre der Mannschaft zuzutrauen gewesen, dass sie sich mit Lust statt Frust durch die Mühlen der Qualifikationsspiel kämpft und auch mit der Mehrfachbelastung der Gruppenphase zurechtkommt – es stehen immerhin zahlreiche ehemalige und aktuelle Nationalspieler sowie hungrige Jung-Profis im VfB-Kader. Das der Club auf seinem geplanten Weg zurück ins obere Tabellendrittel nun aber doch nicht zwei Stufen auf einmal nimmt, muss kein Fehler sein.

Der VfB kann in Ruhe die nächste Entwicklungsstufe angehen – mit Euphorie im Umfeld, einer intakten Mannschaft samt neuer Impulse, überschaubaren Belastungen und einem soliden finanziellen Fundament, das wachsen kann, wenn ein zweiter Investor noch einmal frisches Kapital liefert. Im Frühjahr 2019 soll dies spätestens der Fall sein. Schon bis dahin kann der VfB seine aktuelle Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Nur eines sollte er besser unterlassen: das 4:1 beim FC Bayern als Maßstab nehmen.