PR-Direkor Hansi Müller (li.), Neuzugang Adhemar: Wilde Tage in La Manga Foto: Baumann

Der VfB Stuttgart startet ins Trainingslager im spanischen La Manga. Wo es dieses Mal hoffentlich harmonischer zugeht als beim ersten Besuch. Ein Blick zurück auf ein Trainingslager des Grauens.

Stuttgart/La Manga - RB Leipzig hat sich für die Heimat entschieden. Statt wie die meisten Clubs der Fußball-Bundesliga die kurze Winterpause in Katar oder Spanien zu überbrücken, bereitet sich der Tabellen-Fünfte in Leipzig auf die Rückrunde vor. Offizielle Begründung: Zu Hause ist alles top. Den eigentlichen Grund verriet Sportdirektor Ralf Rangnick kürzlich augenzwinkernd in einem Interview mit unserer Zeitung: „In ein Trainingslager nach La Manga gehe ich nie wieder.“

An den Ort im Südosten Spaniens, wo Liga-Konkurrent VfB Stuttgart von Mittwoch an für eine Woche seine Zelte aufschlägt, erinnert sich Rangnick nur mit Grauen. 2008 hatte er mit der TSG Hoffenheim in der Hinrunde gerade die Bundesliga im Sturm erobert, ehe sich Top- Angreifer Vedad Ibisevic (18 Tore) das Kreuzbandriss riss. Es war der Anfang vom Ende der Hoffenheimer Träume – am Ende stürzte der Herbstmeister noch auf Rang sieben ab. Von einem La-Manga-Fluch wollte Rangnick damals noch nichts wissen. Drei Jahre später buchte er wieder Südspanien, erlebte das Trainingslager aber gar nicht mehr mit: Zwei Tage zuvor wurde er entlassen. Oder trat zurück, so genau wurde das nie geklärt. Jedenfalls bekam er das Theater um Demba Ba nur noch aus der Entfernung mit. Der Stürmer weigerte sich mit ins Trainingslager zu reisen, weil er Besseres zu tun hatte: Verhandlungen in England führen. La Manga war tagelang in den deutschen Schlagzeilen.

Rangnick will nie wieder hin

Dass über dem Urlaubsparadies am Mittelmeer dunkle Schatten liegen, hätte Rangnick aber schon früher wissen müssen. Schließlich war er vor seiner Hoffenheimer Zeit schon einmal da. Im Winter 2000/01, mit dem VfB.

Und da war richtig was los.

Los ging es mit einem Interview von Mannschaftskapitän Zvonimir Soldo. Darin kritisierte er die Vereinsführung wegen der sich schleppend hinziehenden Vertragsverlängerung. Der PR-Direktor Hansi Müller schwächte die Ursprungsversion des Interviews jedoch ab, was Soldo mächtig auf die Palme brachte. Mit finsterer Miene stapfte er durch die Gänge der feudalen Clubanlage und brummte die Reporter an: „Ab jetzt keine Interviews mehr.“

Doch das war nur der Auftakt für äußerst turbulente Tage beim Tabellenvorletzten. Zu den sportlichen Nöten unter den noch unerfahrenem und kurz vor Weihnachten nur knapp seiner Entlassung entgangenen Trainer Rangnick gesellte sich eine handfeste Führungskrise. Die Protagonisten: Hansi Müller und Sportvorstand Karl-Heinz Förster. Ein klassisches Kompetenzgerangel um sportliche und finanzielle Angelegenheiten, das sich zu einem Machtkampf auswuchs. Förster war, weil angeblich krank, gar nicht erst mit nach Spanien gereist, verkündete aus der Heimat aber fast täglich seine nahende Ankunft. Bis er sich irgendwann doch für unpässlich erklärte. Die Begründung war einleuchtend: Rücktritt. „Dieser Entschluss kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Mitten in der Saisonvorbereitung!“, haderte Müller. Während Rangnick – ganz Pragmatiker – lapidar kommentierte: „Total überrascht hat es mich nicht.“

Machtkampf endet mit Rücktritt

Immerhin hatte Förster seinem Trainer noch eine Wunderwaffe aus Brasilien an Land gezogen: Adhemar. „Kleiner Mann ganz groß“, lauteten die ersten Schlagzeilen über den nur 1,69 Meter großen Angreifer, nachdem dieser in den Testspielen für den VfB aus allen Rohren schoss. Und im ersten Pflichtspiel nach La Manga gleich so weitermachte – drei Tore beim 6:1-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern. Womit er sein Pulver aber weitgehend verschossen hatte. Den Pfälzern steckte der Geist des Schreckens von La Manga offenbar noch in den Leibern. Sie hatten sich am selben Ort wie der VfB auf die Rückrunde vorbereitet. Optimal lief es dort aber nur für die heimische Presse. Durch Schlägereien auf dem Trainingsplatz und bierselige Runden im Hotelpub sorgten die FCK-Profis für beste Unterhaltung.

Der VfB bekam in der Rückrunde gerade noch die Kurve. Durch das legendäre Balakov-Tor am vorletzten Spieltag gegen den FC Schalke gelang die Rettung. Auf der Bank saß da längst Felix Magath. Er hatte Rangnick im Februar abgelöst – sechs Wochen nach den wilden Tagen von La Manga.

Der jetzige Sportdirektor von RB Leipzig hat offenbar aus der Vergangenheit gelernt. Und der VfB? Gibt La Manga nach 2009 (mit Trainer Christian Gross) noch einmal eine neue Chance. In der Hoffnung, dass sich der alte Schreckensgeist endlich verzogen hat.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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