VfB Stuttgart, Deutscher Vizemeister 1935, deutscher Gruß Foto: Baumann

Es hat lange gedauert. Jetzt bringt auch der VfB Stuttgart Licht ins Dunkel seiner braunen Vergangenheit. Auf 181 Seiten beschreibt der Historiker Gregor Hofmann die weiß-rote Historie während des Dritten Reichs.

Stuttgart - Ein Jahr lang durchforstete der Historiker Gregor Hofmann die Archive. Jetzt legt er sein 181 Seiten starkes Buch vor: Der Titel: „Der VfB Stuttgart und der Nationalsozialismus.“ Vorgestellt wird die umfassende und differenzierende Arbeit an diesem Freitag im Kloster Maulbronn im Rahmen einer Tagung des Instituts für Sporgeschichte Baden-Württemberg (IFSG). Das Fazit: Die Verantwortlichen des VfB Stuttgart verhielten sich im Dritten Reich nicht besser oder schlechter als die meisten Sportvereine.

Die Schuld der Funktionäre

Klar wird aber auch: Der eine oder andere Funktionär, der bis heute in den Annalen als führender Kopf und Visionär verehrt wird, machte sich auch gemein mit den braunen Machthabern und deren Ideologien, wenn es seinen Zwecken oder denen des Vereins nützte. Nationalismus, Antisemitismus und völkisches Denken waren zwischen 1933 und 1945 beim VfB ebenso weit verbreitet wie im Rest der Gesellschaft. Jüdische Mitspieler waren im Zweifelsfall nicht mehr willkommen.

Der Stuttgarter Historiker und Fußballfan Nils Havemann sprach schon vor Jahren im Hinblick auf den VfB von einem nationalsozialistischen Vorzeigeclub und verwies in seinem 2005 erschienenen Buch „Fußball unterm Hakenkreuz“ unter anderen auf den glühenden Hitler-Verehrer Gustav Bluthardt, der bis 1934 Jugendleiter beim VfB war und dort 120 Jungen betreute. Außerdem stellte der VfB sein Vereinsgelände schon vor der Machtergreifung durch die NSDAP für Naziaufmärsche zur Verfügung. Das hatte Gründe. „Die Vereine waren damals in Folge der Weltwirtschaftskrise fast alle pleite“, erläutert Nils Havemann, „und die Nazis punpten sehr viel Geld in den Sport.“

Die aktuelle Arbeit wurde vom VfB Stuttgart initiiert und erscheint im Rahmen einer Schriftenreihe des Instituts für Sportgeschichte an der Universität Münster. Herausgeber ist der renommierte Sporthistoriker Michael Krüger. Er wird das Werk gemeinsam mit VfB-Chef Wolfgang Dietrich der Öffentlichkeit präsentieren. Gregor Hofmanns intensive Recherchen bringen mehr Licht als bisher ins Dunkel der braunen VfB-Vergangenheit. Hofmann arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Münchner Zentrum für Holocaust-Studien.

Unabhängige Recherchen

Der Fußball-Bundesligist unterstützte den Wissenschaftler mit Quellen aus seinem Vereinsarchiv, hielt sich ansonsten aber zurück. „Wir wollten uns auf keinen Fall auch nur einem leisem Verdacht aussetzen, Einfluss auf die Ergebnisse genommen zu haben“, sagt Florian Gauß, Archivar und Historiker beim VfB.

Das Buch wird nicht zufällig im 125. Jahr des Vereinsbestehens vorgestellt. Der Verein für Bewegungsspiele 1893 wollte sich nicht länger den Vorwurf einhandeln, wie viele andere deutsche Sportvereine, das Dritte Reich in seiner Club-Historie auszusparen. Exponate aus der Nazizeit, unter anderem Trikots, sind auch in der aktuellen Jubiläumsausstellung im Stuttgarter Mercedes-Benz-Museum zu sehen, die noch bis zum 2. April 2019 dauert.

Das Werk ist ist über den Buchhandel zu beziehen.