Ein Atompilz steigt nach der Explosion einer amerikanischen Atombombe über dem Testgelände in der Wüste von Nevada auf. Foto: dpa

Mächtiger, stärker, moderner: US-Präsident Donald Trump warnt Nordkorea vor Amerikas unbesiegbarem Atomarsenal. Doch stimmt es überhaupt, was er behauptet. Ein Faktencheck.

Washington - Die jüngste Drohung von US-Präsident Donald Trump an Nordkorea und seinen Widersacher Kim Jong-un klingt apokalyptisch: „Nordkorea sollte besser den USA nicht weiter drohen, sonst werden sie Feuer und Wut erfahren, wie es die Welt noch nicht erlebt hat“, sagte Trump am Dienstag (9. August) in einem Interview.

Kurz darauf legte er im Kurznachrichtendienst Twitter noch mal kräftig nach: „My first order as President was to renovate and modernize our nuclear arsenal. It is now far stronger and more powerful than ever before.“

„Mein erster Befehl als Präsident war, das nukleare Arsenal zu erneuern und zu modernisieren. Jetzt ist es weit stärker und mächtiger als jemals zuvor“, schreibt er in seinem Tweet.

Doch stimmt es überhaupt, was Trump hier behauptet?

Stimmt es, dass erst Trump den Befehl gegeben hat, das US-Atomwaffenarsenal zu erneuern?

Eindeutig nein. Nach Einschätzung der „Washington Post“ entspricht Trumps Aussage, das amerikanische Atomwaffenarsenal sei unter seiner Präsidentschaft heute „stärker und kraftvoller als jemals zuvor“, nicht der Wahrheit. „Das Atomwaffenarsenal ist dasselbe wie vor der Amtseinführung (Trumps)“, zitiert das Blatt den Chef der Arms Control Association, Daryl Kimball, in ihrer Mittwochsausgabe.

Bereits Trumps Amtsvorgänger Barack Obama gab im Jahr 2010 den Startschuss zu einem umfassenden Modernisierungsprogramm der amerikanischen Atomstreitmacht. Allein 2016 wurde das Nuklear-Budget von der Obama-Administration um 10,5 Prozent auf 8,85 Milliarden Dollar (7,54 Milliarden Euro) angehoben. In den nächsten 30 Jahren sollen laut Monterey Institute of International Studies in Monterey (US-Bundesstaat Kalifornien) rund eine Billion Dollar (852 Milliarden Euro) investiert werden, um die USA wieder an die unangefochtene Spitze der Nuklearmächte zu führen.

Stimmt es, dass Trump schon länger auf die nukleare Karte setzt?

In gewisser Weise stimmt das. Schon während des Vorwahlkampfes sagte Trump am 15. Dezember 2015 in einer TV-Debatte mit seinen republikanischen Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur: „Bei Nuklearem geht es einfach um die Macht. Die Zerstörung ist mir sehr wichtig.“

Am 3. Januar 2016 erklärte er in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS auf die Frage des Moderators John Dickerson: „Die USA haben seit 1945 keine Atomwaffen eingesetzt. Wann sollten sie es tun?“ Trump: „Als absolut letzte Möglichkeit. Und, wissen Sie, das Wort lautet unberechenbar. Man muss unberechenbar sein.“

Vier Monate später, am 26. April 2016, stellte Trump in der „Today Show“ auf NBC klar: „Es ist ein Horror, Atomwaffen einzusetzen. Ich werde der Letzte sein, der sie einsetzt, aber ich werde es niemals ausschließen.“

Stimmt es, dass Trump in seiner bisherigen Amtszeit die Modernisierung vorangetrieben hat?

Auch das ist eine „Fake news“ aus dem Munde des Präsidenten. Das nukleare Arsenal der USA hat sich seit seinem Amtsantritt als 45. Präsident der Vereinigten Staaten am 20. Januar 2017 nicht groß verändert.

„Wenn man die Kosten, die lange Herstellungsdauer und die Notwendigkeit der jährlichen Bewilligung der Mittel durch den Kongress betrachtet, dauert die Modernisierung der Atomwaffen Jahrzehnte, nicht Tage“, schätzt die „Washington Post“.

Stimmt es, dass unter Trumps Ägide das US-Nukleararsenal stärker und mächtiger ist als je zuvor?

Auch das ist eine von Trump gestrickte Legende. Das amerikanische Nuklearwaffenarsenal hat sich nach der Phase derAbrüstung in den 1990er Jahren zahlenmäßig zuletzt nur unwesentlich verändert. Nach Angaben des amerikanischen Verteidigungsministeriums von 2015 verfügen die US-Streitkräfte über 4760 Sprengköpfe für strategische und taktische Kernwaffen. 2080 davon sollen aktiv und sofort einsatzbereit sein. Weitere 2680 werden als Reserve gelagert und können in die Arsenale zurückkehren. Darüber hinaus verfügt das US Strategic Command über 2340 Atomsprengköpfe, die zur Abrüstung vorgesehen, aber noch intakt sind.

Diese atomare Armada kann von ballistischen Interkontinentalraketen (wie Minuteman-III), U-Boot-gestützten ballistischen Raketen (wie Trident II D5) sowie von strategischen Kampfflugzeugen (wie B-52H, B-1R und B-2A Bombern) ins Ziel gebracht werden.

Stimmt es, dass Trump jederzeit den nuklearen Ernstfall erklären kann?

Das zumindest ist richtig. Wo auch immer sich Donald Trump gerade befindet – ob im Bett, bei einer Rede, auf Reisen oder im Football-Stadion –, stets ist der Atomkoffer mit den Nuklearcodes griffbereit in seiner Nähe.

Dabei handelt es sich um einen schwarzen Lederaktenkoffer des US-Reisegepäckherstellers Zero Halliburton– Spitzname: „Nuclear Football“ und „Emergency Satchel“ (Notfallranzen des Präsidenten). Sein einziger Zweck: Im Ernstfall ausschließlich vom US-Präsidenten benutzt zu werden, um den Einsatz von Nuklearwaffen zu autorisieren. Der Koffer ist eine mobile Kommandozentrale, mit deren Hilfe Trump eine ortsunabhängige, abhörsichere Verbindung zu den wichtigsten Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates aufbauen kann.

Egal, was passiert: Der 45. US-Präsident hat immer und überall den Finger auf dem Startknopf für den Weltuntergang.