Der Mieter des Lagerraums: eine Filmproduktionsfirma, die gerade auf der Berlinale die Weltpremiere ihres Thrillers „Meta“ feiert. Also nix wie hin – und so dürfen Rubin und Karow in ihrem Shabby-Street-Look über den roten Teppich marschieren. Glamour sieht anders aus. Foto: RBB

Wow: Im „Tatort: Meta“ aus Berlin dürfen die Kommissare Rubin und Karow über den roten Berlinale-Teppich am Potsdamer Platz gehen! Ihr Fall führt sie mitten hinein ins Film-Business und in ein gespenstisches cineastisches Verwirrspiel.

Berlin - Das ist ja spooky“, sagt ein Zuschauer, der bei der Berlinale bei einer Filmpremiere im Kino sitzt – und im Kinosaal genau das live erlebt, was gerade in diesem Moment auf der Leinwand in dem Thriller „Meta“ gezeigt wird: Zwei Polizisten betreten den Kinosaal und fordern den Regisseur auf mitzukommen. Die zwei Polizisten, das sind in der Wirklichkeit des „Tatorts“ die Berliner Kommissare Robert Karow (Mark Waschke) und Nina Rubin (Meret Becker), und es ist nur eine von vielen Szenen in der Folge „Meta“, in der Kinofilm und „Tatort-“Wirklichkeit „abgefahrene Parallelen“ annehmen, wie Rubin später einmal sagen wird.

Auslöser dieses „spooky“, also dieses gespenstischen Spiels mit Metaebenen und Realitäten: Im Berliner Mordkommissariat wird ein Paket mit einem abgeschnittenen Mädchenfinger abgeliefert. Der Finger führt die Kommissare zu einem Lagerraum, wo sie die seit achtzehn Monaten in Formaldehyd eingelegte dazugehörige Leiche einer minderjährigen Prostituierten finden. Den Raum angemietet hatte eine Filmproduktionsfirma, deren besagter Thriller „Meta“ gerade dabei ist, auf der Berlinale Weltpremiere zu feiern – und der damit beginnt, dass die Polizei durch einen per Paket zugestellten Finger einer Prostituierten nun in einem Lagerraum auf deren Leiche stößt . . .

Als Schlüssel zum Berlinale-Film und damit, so scheint es, auch zum aktuellen Fall von Karow und Rubin erweist sich nicht, wie anfangs vermutet, der abgeführte Regisseur, sondern der Drehbuchautor Peter Koteas (Simon Schwarz): Er lebt zwar nicht mehr, weil er sich nach einer Selbstanzeige im Gefängnis erhängt hat, ist aber dennoch äußerst mitteilsam – mit Hilfe eben des Films „Meta“, den er scheinbar als Geständnis nutzt.

Aber stand dieser Koteas wirklich, wie es der Berlinale-Film erzählt, als Auftragskiller in den Diensten des BND-Vorläufers „Operation Gehlen“ und ist zum Mord an einer Prosituierten gezwungen worden, um Ungeheuerliches zu verschleiern: hohe Regierungsbeamte, die in Kinderprostitution verwickelt sind? Karow ist überzeugt: „Der Film führt uns zur Wahrheit.“ Fast manisch folgt er der unheimlichen cineastischen Spur. Rubin, die wenig von Verschwörungstheorien hält, ist anderer Meinung: „Haben Sie Beweise? Kriegen Sie auch nicht, weil Sie den Unsinn aus diesem Film glauben!“

Der Film-im-Film-„Tatort, in dem vor lauter Vergnügen am cineastischen Verwirrspiel – noch eine Metaebene – auch der Robert-de-Niro-Klassiker „Taxi Driver“ eine Rolle spielt, ist ein echter „Tatort“-Coup, mit dem der RBB sich vor der Berlinale und der Faszination Kino verneigt. Hierfür gab’s im Gegenzug auch die Sondergenehmigung für die „Tatort“-Dreharbeiten während der Filmfestspiele 2017 – eine Premiere.

Und dann kommt auch noch „Taxi Driver“ ins Spiel

Die Story, die der Autor Erol Yesilkaya konstruiert hat, ist äußerst raffiniert; der Regisseur Sebastian Marka hat sie ästhetisch geschliffen, dicht, rasant umgesetzt. Die hier noch um eine Schicht erweiterte Film-im-Film-Konstruktion ist zwar nicht neu. Bastian Günther nutzte im HR-Tatort „Wer bin ich?“, in dem Ulrich Tukur als Darsteller der „Tatort“-Figur Felix Murot bei den Dreharbeiten zu einem „Tatort“ unter Mordverdacht gerät, denselben Kunstgriff, um sich über das Filmbusiness und seine Eitelkeiten lustig zu machen. Aber im Gegensatz zu ihm driften Yesilkaya und Marka nicht ins Absurde ab, sondern liefern einen dramaturgisch ausgefeilten Thriller. Ganz en passant schärfen sie auch die Konturen der beiden so konträren Ermittler-Persönlichkeiten und setzen deren private horizontale Erzählung fort.

ARD,
Sonntag, 18. Februar, 20.15 Uhr