SPD-Minister Friedrich hat „nach wie vor einen guten Draht zu Bayern“. Foto: dpa

Bundesrats- und Europaminister Friedrich über Baden-Württembergs Rolle im Länder-Konzert.

Stuttgart - Nicht schwarz-gelb, aber auch nicht rot-grün: Baden-Württemberg spielt im Länderkonzert eine Sonderrolle. Wir sprachen mit Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) über die Gefahr, dadurch ins Abseits zu geraten.

Herr Friedrich, seit März haben Bundes- und Landesregierung unterschiedliche politische Farben. Sind für Baden-Württemberg nun die Türen in Berlin verschlossen?
Nein. Wir sind zwar politisch anders ausgerichtet als die Berliner Koalition, aber ein so großes Land wie Baden-Württemberg kann man nicht einfach übergehen. Man braucht es, um zum Beispiel bei der Energiewende voranzukommen, bei der wir an einem Strang ziehen sollten.

Baden-Württemberg hat früher die unionsregierten Länder koordiniert. Bei den SPD-Ministerpräsidenten scheint Winfried Kretschmann aber nicht willkommen zu sein. Steht der Südwesten nun allein?
Nein, ich stimme mich intensiv mit den rot-grün regierten Ländern ab. Wir haben zum Beispiel beim Thema erneuerbare Energie zusammen schon gute Erfolge im Bundesrat erzielt. Und erst am vergangenen Freitag hat sich die Länderkammer mehrheitlich für eine europaweite Besteuerung von Finanzgeschäften ausgesprochen. Wir sind da gut eingebunden. Allerdings ist der Bundesrat nicht mehr so übersichtlich wie früher. Es gibt keine einfachen SPD- oder CDU-Mehrheiten mehr. Deswegen kommt es immer wieder darauf an, Kompromisse zu schmieden, und dabei ist Baden-Württemberg ein wichtiger Moderator. Ohne uns wird es keine guten Ergebnisse geben.

Umwirbt man Baden-Württemberg als Zünglein an der Waage?
Ja. Aber wir müssen auch um die anderen Länder werben, um unsere Inhalte durchzusetzen.

Versucht der Bund das Land finanziell kurzzuhalten?
Wir hatten eine Diskussion über die Frage, ob Windkraft auf dem Wasser besser gefördert wird als Binnenwindkraft. Da kam uns der Bund anfangs nur wenig entgegen. Auch über die Verteilung der Bundesmittel für den Straßenbau gibt es immer wieder Debatten. Aber da entscheidet Berlin nicht nach parteipolitischen Kriterien, das würden auch die anderen Länder nicht akzeptieren.

Es gibt keine Südschiene mehr mit Bayern. Wo sind Baden-Württembergs neue Bundesgenossen?
Wir haben nach wie vor einen guten Draht zu Bayern. Gemeinsam mit dem Freistaat und Berlin haben wir zum Beispiel die Position des Bundesrats zur Euro-Stabilisierung verhandelt. Übrigens eine interessante Konstellation. Unsere wichtigsten Bündnispartner sind aber mit Sicherheit die Länder Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, mit denen wir politisch auf einer Wellenlinie liegen. 

"Wir werden keine isolierte Diskussion führen können"

Das sind aber doch auch Länder, denen Sie Geld wegnehmen wollen. Haben Sie mit ihnen schon über die Reform des Finanzausgleichs geredet?
Wir planen einen neuen Vorstoß für eine große Föderalismusreform. Dort muss man über Geld reden, aber auch über die Aufgaben, die der Bund und die Länder haben. Das geht nur im Dialog von Gebern und Nehmern. Wenn Sie klagen, wie das die alte Landesregierung tun wollte, haben Sie keinerlei Erfolgsgarantie und geben die Dinge aus der Hand. Wenn Sie aber verhandeln, dann haben Sie eine reelle Erfolgschance. Deswegen gibt es jetzt Gespräche. 2019 muss der Länderfinanzausgleich ohnehin neu ausgehandelt werden.

Hessen hat aber bereits angekündigt, notfalls alleine zu klagen.
Das müssen die Hessen entscheiden. Wir haben uns mit ihnen verständigt, dass wir einen neuen Anlauf für eine Föderalismusreform machen. Der Druck ist im Übrigen auch bei den Nehmern da, da sie ja nicht wissen, was ab 2019 kommt. Deshalb gehen wir in eine der nächsten Ministerpräsidentenkonferenzen mit dem Vorschlag einer neuen Föderalismuskommission.

Bis wann erwarten Sie Ergebnisse?
Das kann man noch nicht sagen. Ich wäre froh, wenn wir bis zum Ende der Legislaturperiode im Bund, also 2013, zu Ergebnissen kämen, damit wir diese dann auch in den Bundesrat einbringen können.

Auch Bayern wollte einmal klagen.
Ja, aber CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer hat einmal gesagt: nur, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. Bisher hat er nicht geklagt, also gehe ich davon aus, dass er an einer Verhandlungslösung interessiert ist.

Welche Aufgaben hätte denn eine solche Kommission genau?
Das hängt nicht allein von den Ländern ab. Wir werden keine isolierte Diskussion über den Länderfinanzausgleich führen können, wenn gleichzeitig eine Debatte über eine europäische Wirtschafts- und Fiskalregierung läuft. Diesen Prozess können wir in den Verhandlungen nicht ausblenden. Wenn es zu einer Kompetenzverlagerung Richtung Brüssel kommen sollte, dann müssten wir die beiden Themen miteinander verbinden.