Blickt über den Tellerrand hinaus: Lutz Siebrecht, der Sportliche Leiter der Stuttgarter Kickers. Foto: Baumann

Fußball-Oberligist Stuttgarter Kickers stattet seine Spieler mit individuellen Trainingsplänen aus. Der Sportliche Leiter Lutz Siebrecht gibt Einblicke zur aktuellen Lage bei den Blauen.

Stuttgart - Ursprünglich wollten die Stuttgarter Kickers an diesem Dienstag wieder mit dem Mannschaftstraining beginnen. Doch die aktuelle Entwicklung um das Coronavirus lässt das nicht zu. Der Sportliche Leiter Lutz Siebrecht äußert sich im Interview wie die Blauen darauf reagieren.

Herr Siebrecht, wie gehen die Stuttgarter Kickers mit der aktuellen Situation um das Coronavirus um?

Natürlich sensibel. Was unsere Oberligamannschaft betrifft haben wir am vergangenen Freitag noch trainiert. Nach zehn ununterbrochenen Tagen Training ohne Wettkampf haben wir der Mannschaft dann frei gegeben. Geplant war, dass wir, abhängig von den weiteren Entwicklungen, an diesem Dienstag das Training fortsetzen und sofern möglich am kommenden Wochenende ein internes Testspiel austragen.

Am Samstag aber hat die Stadt Stuttgart zum Schutz der Bevölkerung mit sofortiger Wirkung den Trainings- und Sportbetrieb auf allen Vereinssportanlagen bis auf Widerruf untersagt.

Genau. Darauf haben wir natürlich reagiert. Es wird also bis auf weiteres kein Mannschaftstraining geben. Die Spieler erhalten individuelle Trainingspläne.

Wie sehen diese konkret aus?

Unser Trainer- und Funktionsteam hat diese Trainingspläne erarbeitet. Jeder Spieler hat sie vor Ort, bei sich zu Hause, zu erfüllen. Sie enthalten die Bereiche Ausdauer, Beweglichkeit und Athletik. Jeder Spieler erhält diese individuellen Pläne per E-Mail zugestellt.

Der Trainingsbetrieb beim Nachwuchs ruhte ja schon vorher bis auf weiteres.

Ja. Auch hier haben wir uns an den Empfehlungen der Behörden orientiert. Baden-Württemberg schließt alle Schulen bis zu den Osterferien. Also haben auch wir den Trainingsbetrieb in der Kickers-Jugend, einschließlich Fußballschule, Talent- und Fördertraining, bis auf weiteres eingestellt. Auch die Nachwuchsspieler erhalten, auf die Leistungsfähigkeit abgestimmte, individuelle Trainingspläne.

Wie sieht es mit dem Osterferien-Fußballcamp aus?

Dies wird in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung kurzfristig entschieden.

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Gibt es weitere Präventionsmaßnahmen?

Alle Mitarbeiter des Vereines werden bis auf weiteres keinen Publikumskontakt haben. Alle Fragen und Anliegen werden per E-Mail beantwortet.

Wie läuft die Aktion mit den Geisterspieltickets, mit denen die ausbleibenden Heimspieleinnahmen ausgeglichen werden sollen?

Bislang sehr gut. Schon in den ersten 24 Stunden haben wir bereits knapp 200 Geisterspieltickets verkauft. Dadurch kamen über 4000 Euro zusammen. Wir sind sehr froh, über jeden Unterstützer, der sich in dieser schweren Situation mit dem Verein solidarisch zeigt. Auch die Vertragsverlängerung von unserem Hauptsponsor MHP war ein großartiges Zeichen.

Sie haben auch eine Firma für Obst, Gemüse und Südfrüchte auf dem Stuttgarter Großmarkt. Wie wirkt sich die Corona-Krise auf diese Branche aus?

In der Lebensmittelbranche gilt es sehr viele Dinge in Sachen Hygiene bei der Zertifizierung zu berücksichtigen, da gilt es sehr sensibel vorzugehen. Grundsätzlich haben wir derzeit eine für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Nachfrage nach Früchten wie Orangen und Mandarinen, das gibt es sonst nur an Weihnachten.

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Woran liegt es?

Zum einen sind Vitamine gut für das Immunsystem, zum anderen müssen derzeit einfach viele Menschen, sowohl Erwachsene als auch Kinder, zu Hause bleiben und essen dann auch in den heimischen vier Wänden.

Wenn der Ball ruht. In wie weit können Sie als Sportlicher Leiter die Zeit für konzeptionelle Dinge nutzen?

Die Arbeit geht ja nicht aus. Es finden zahlreiche Telefonate mit dem Trainerteam, den Vereinsvertretern, den Spielern und den Beratern statt. Man muss am Puls der Zeit bleiben und sich mit seinem Netzwerk austauschen.

Glauben Sie, dass die Oberligasaison überhaupt zu Ende gespielt wird?

Das kann im Moment wohl noch niemand so richtig abschätzen. Aktuell geht es auch um wichtigere Dinge. Es geht darum, das Risiko sich anzustecken so gering wie möglich zu halten. Es geht um Menschenleben.