In den 1980er-Jahren dem Abriss geweiht, heute ein Musterbeispiel für eine gelungene Sanierung: der Nellinger „Schopf“ Foto: privat

Vor 30 Jahren wurde der Nellinger „Schopf“ vor dem Abriss gerettet und von zwei Architekten und Städteplanern aufwendig saniert. Das ehemalige Bauernhaus ist eines der ältesten erhaltenen Gebäude in dem Ostfilderner Stadtteil.

Ostfildern - Der Bagger stand in den 1980er-Jahren quasi schon bereit, um den Nellinger „Schopf“ abzureißen. Wären da nicht die beiden Architekten und Städteplaner Christoph Paulitschek und Johannes Kleinhans gewesen, die ein Auge auf das Fachwerkensemble – bestehend aus einem alten Bauernhaus, einer Scheune und einem Stall – geworfen hatten. Sie verliebten sich direkt in den „Schopf“ aus dem 16. Jahrhundert, der heute zu den ältesten erhaltenen Gebäuden des Ostfilderner Stadtteils zählt.

Das Duo pachtete das Grundstück in der Wilhelmstraße auf 99 Jahre und sorgte damit für eine Ausgangslage, die man heute wohl als Win-Win-Situation bezeichnen würde: „Wir waren von dem Projekt begeistert und die Stadt war ein großes Problem los“, sagt Paulitschek.

20 000 Arbeitsstunden an Eigenleistung

Aufwendig sanierten die beiden Architekten den Schopf in den Jahren 1986 und 1987 und zogen mit ihren Familien in die beiden Wohnungen ein. Mühsam sei die Arbeit gewesen, berichtet Christoph Paulitschek, doch die Sanierungsauflagen der Stadt seien ebenso entgegen kommend gewesen wie die Vorgaben der Denkmalschutzbehörde. Zudem kamen die Bauherren in den Genuss einer Sanierungsförderung. Rund 20 000 Arbeitsstunden an Eigenleistung hätten er und sein Partner in das Projekt gesteckt. Freilich blieb fast kein Stein auf dem anderen. Dennoch gelang es, den Charakter des Bauernhauses zu erhalten, denn selbst nicht mehr zu rettende Partien wurden nach historischem Vorbild rekonstruiert. Laut dem Stadtarchivar Jochen Bender ist der „Schopf“ ein leuchtendes Beispiel dafür, dass „alte Bausubstanz und moderne Nutzung durchaus miteinander vereinbar sind“.

Ballettschule feiert 30. Geburtstag

In der ehemaligen Scheune und in dem einst als Schweinestall genutzten Anbau richtete Paulitscheks Frau Gabriele im Jahr 1989 ihre Ballettschule ein, wofür sie schließlich sogar ihre Lehrtätigkeit an der renommierten Stuttgarter John-Cranko-Schule aufgab. Um die einst landwirtschaftlich genutzten Gebäude in ein Eldorado für Spitzentanz, Arabesque und Attitude zu verwandeln, mussten zunächst in der Scheune Wände abgerissen und die Decke im Schweinestall angehoben werden. Zu Beginn befürchtete Gabriele Paulitschek, es könnte schwierig werden, „hier mit einer Ballettschule Fuß zu fassen“. Doch ihre Bedenken wurden schnell zerstreut, schnell etablierte sich die Schule „tanzart“ im Nellinger Schopf.

Inzwischen sind es vier Tanzlehrer, die nicht nur Tänzerinnen und Tänzer aus Ostfildern, sondern unter anderem auch aus den Bereichen Göppingen, Nürtingen, Kirchheim und Sindelfingen unterrichten. Und zum Teil besuchen kleine Mädchen die Schule, deren Omas auch schon bei Gabriele Paulitschek getanzt haben.