Schmid bei seiner Anti-Atomwaffen-Aktion Foto: Verena Mayer

Der Theologe Rainer Schmid aus Aalen kämpft gegen Atomwaffen und für den Weltfrieden. Um seinen eigenen Frieden jedoch ist es nicht sonderlich gut bestellt.

Aalen - Als Rainer Schmid nach einer Woche wieder heim nach Aalen kam, war es, als wäre nichts gewesen. Seine Frau wollte nicht wissen, ob er zufrieden ist mit dem Verlauf seiner Aktion. Seine Tochter fragte nicht, ob er Ärger mit der Polizei bekommen hat. Sein Sohn erkundigte sich nicht, ob Tornados über ihn hinweggedonnert sind. Rainer Schmid räumte seinen Rucksack aus, aß etwas, ging schlafen. Anders hatte er es nicht erwartet. Rainer Schmid weiß, dass sich seine Familie schwertut mit dem, was er tut. Er versteht das sogar. Sein Engagement hat der Familie schon einigen Verdruss bereitet. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass es weitere Probleme gibt. Trotzdem, wenn Rainer Schmid in seinem Arbeitszimmer sitzt, hinter sich überbordende Holzregale, vor sich ein überbordender Schreibtisch, muss er sagen, dass er zufrieden ist mit seiner jüngsten Demonstration für den Frieden. „Ich habe getan, was ich tun kann, ich habe meinen kleinen Beitrag geleistet.“

Rainer Schmid ist 53 Jahre alt, er hat Theologie studiert und arbeitet als Pfarrer in Aalen. In seiner Freizeit kämpft er gegen Atomwaffen. Im September war er in Büchel. Eine Woche lang stand er mit einem riesigen Holzkreuz vor dem Fliegerhorst, auf dem Nuklearsprengköpfe gelagert sein sollen. Dass er selbst eine positive Bilanz zieht, bedeutet nicht, dass wirklich alles gut ist. Wer Rainer Schmid länger begleitet, begegnet einem Mann, der sich sehr für Frieden engagiert – um dessen eigenen Frieden jedoch es nicht sonderlich gut bestellt ist.

Spieße werden zu Winzermessern

Rainer Schmid findet Krieg schrecklich, seit ihm die Eltern von den Bomben erzählten, die auf Stuttgart fielen. Rainer Schmid findet Glauben wundervoll, seit die Großmutter mit ihm das erste Mal betete. Als Erwachsener schließt er sich der Friedensbewegung an, und er studiert Theologie. Schmid ist überzeugt, dass Schwerter eines Tages zu Pflugscharen werden und Spieße zu Winzermessern. In Friedrichshafen, wo er 2007 hingeschickt wird, ruft er die Ökumenische Initiative zur Abschaffung der Militärseelsorge ins Leben. „Wenn Jesus gewusst hätte, dass es eines Tages Militärpfarrer gibt und diese sogar mit in den Krieg ziehen, hätte er sich im Grabe rumgedreht“, lautet einer der Sätze, mit denen Schmid Ende 2012 bundesweit Aufsehen erregt. Bald darauf wird der Theologe gegen seinen Willen nach Aalen versetzt. „Meine Kirche hat es nicht leicht mit mir – und ich nicht mit ihr“, sagt er.

Rainer Schmid hat einen Prospekt, den er bei Gelegenheiten gerne verteilt. Die Bilder darin zeigen zerstörte Gebäude und schwer verletzte Menschen. Der traurige Text dazu handelt von einem Mann, der Hiroshima überlebt hat. Man kann sich nicht so leicht vorstellen, wie Rainer Schmid mit einer siebten Klasse die Dreieinigkeit erörtert. Aber man kann sich sehr leicht vorstellen, wie ihm der Gedanke an nukleare Sprengköpfe den Schlaf raubt. „Atomwaffen können unvorstellbares Leid bringen“, sagt er, und seine ruhige Stimme wird lauter. Nein, er kann nicht anders! Er kann nicht nichts gegen die Gefahr tun.