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Holger Badstuber avanciert beim 1:0-Sieg über den FSV Mainz 05 zum besten VfB-Spieler. „Er bringt viel von dem mit, was der Mannschaft guttut“, sagt der Kapitän Christian Gentner.

Stuttgart - Es gibt diese Spielmomente, in denen wirkt Holger Badstuber, als hätte er in der Kabine vor dem Anpfiff noch schnell einen großen Becher Stierblut ausgetrunken. Ohne Kompromisse stürzt sich der Blondschopf dann in die Zweikämpfe – er tut dies aber nicht blindwütig, sondern mit der nötigen Aggressivität und Erfahrung von 31 Länderspielen sowie 37 Auftritten in der Champions League. „Er ist dominant, erfahren und laufstark – ich freue mich, ihn zu haben“, sagte der VfB-Trainer Hannes Wolf nach dem verdienten 1:0-(0:0-)Sieg über den FSV Mainz 05 in Richtung seiner Nummer 28.

Dies ist durchaus nachvollziehbar. Denn Badstuber („Ich gehe in jeden Zweikampf, als wäre es mein letzter“) avancierte im ansonsten ausgeglichen agierenden Kollektiv des VfB Stuttgart eindeutig zum Spieler der Partie. Der gebürtige Memminger, der sich bei seiner Heimspielpremiere in einer Mischung aus bayerischer Kampfsau und kühlem Strategen im Spielaufbau präsentierte, er glänzte als neuer Abwehrchef.

An Badstuber können sich die Kollegen aufrichten

Badstuber dirigierte und zeigte den Mitspielern mit seiner Körpersprache und Spiellust, wie Erste Bundesliga funktioniert. Am Mittelmann der neu formierten Dreierkette konnte sich nicht nur der junge, gerade von einer Gehirnerschütterung genesene Nebenmann Timo Baumgartl auf rechts aufrichten. Kurzum: Badstuber zeigte den Kollegen, wo es langgeht.

Doch damit nicht genug: Der 28-Jährige rammte in der 53. Spielminute den Ball nach einer Ecke von Dennis Aogo per Kopf zum goldenen Tor des Tages ins Mainzer Netz. Es war erst sein zweites Bundesligator überhaupt, und das erste seit 2009 – und er lieferte obendrein einen phänomenalen statistischen Wert ab: 100 Prozent seiner Zweikämpfe, so belegen es die Spieldaten, hat Badstuber gegen Mainz 05 gewonnen.

Wer den tadellosen Linksfuß an diesem Samstagmittag gegen zuweilen arg biedere Mainzer auftrumpfen sah, der durfte sich schon die Frage stellen, wo seine Karriere ihn hingeführt hätte ohne dieses ganze Verletzungspech. „Ein fitter Holger Badstuber ist ein Bundesliga-Spitzenspieler – ich freue mich für diesen tollen Typen“, sagte der VfB-Manager Michael Reschke, der wie die vornehmlich in Weiß gekleidete Stuttgarter Fangemeinde kurz zusammenzuckte, als sich Badstuber nach rund 20 Minuten nach einem Pressschlag am Boden liegend krümmte und ans Bein fasste.

Doch nach Spielschluss gab der Verteidiger Entwarnung: Lediglich eine kleinere Risswunde an der Wade habe er sich in dieser Szene zugezogen. „Für mich war das ein schöner Start“, resümierte Holger Badstuber, der ankündigte, in der anstehenden Länderspielpause bis zum Gastspiel am Sonntag, 10. September (18 Uhr), beim FC Schalke 04 weiter an Fitness und Timing arbeiten zu wollen: „Je mehr Spiele ich mache, umso mehr bewege ich mich auf die hundert Prozent zu.“

Gegen Mainz sind sieben VfB-Profis jünger als 22 Jahre

Das macht Hoffnung, denn Typen wie Badstuber – auch das machte die Partie gegen Mainz 05 deutlich – werden beim VfB dringend gebraucht. „Er bringt viel von dem mit, was der Mannschaft guttut“, sagte der Kapitän Christian Gentner – und meinte damit neben dem gesunden Schuss Aggressivität und dem guten Auge für die Spieleröffnung vor allem Badstubers Routine. Schließlich benötigt die Riege der Stuttgarter Grünschnäbel Unterstützung von erfahrenen Kräften – denn in Baumgartl, Benjamin Pavard, Chadrac Akolo, Josip Brekalo, Orel Mangala, Berkay Özcan und Takuma Asano sind sieben gegen Mainz eingesetzte Spieler 22 Jahre oder deutlich jünger.

„Holger und ich sind keine Lautsprecher. Aber wir können den jungen Spielern schon Tipps geben“, sagte Dennis Aogo, der seinerseits Bundesliga-Erfahrung ins Spiel bringt. Ähnlich resolut wie auf dem Platz sprach Holger Badstuber hinterher die Defizite an. „Die jungen Spieler sind manchmal ein bisschen naiv“, sagte der Abwehrrecke: „Das hier ist die Bundesliga – die bringt eine andere Intensität mit. Da müssen wir alle zusammen richtig Gas geben.“

Tatsächlich war gegen die Rheinhessen gerade dem Linksaußen Josip Brekalo oder der zentralen Offensivkraft Chadrac Akolo die geringe Bundesliga-Erfahrung anzumerken. Doch Hannes Wolf wollte das nicht gelten lassen. „Mir hat unser Spiel diesmal in allen Facetten gefallen. Die einzige Ausnahme war, dass der letzte Pass nicht ankam“, sagte der VfB-Trainer – und erklärte in Richtung Holger Badstuber: „Er will ja nur, dass wir alle besser werden.“