Thomas Gottschalk fordert bei Sandra Maischberger (Foto) ein flotteres öffentlich-rechtliches System. Foto: dpa-Zentralbild

Die einen wollen die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender abschaffen. Die anderen wollen das bisherige System um fast jeden Preis bewahren. Der Talk bei Sandra Maischberger zeigte mal wieder, wie langweilig und routiniert man ein hochbrisantes Thema abarbeiten kann.

Stuttgart - „Ich glaube Ihnen nicht. Sie wollen uns klein haben, schwach oder ganz weg“, ging der WDR-Intendant Tom Buhrow in der interessantesten Minute des Maischberger-Talks in der ARD zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Beatrix von Storch an, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag. Aber dann, bevor die als einzige konsequent die Totalabschaffung des Gebührenmodells Fordernde zurückschlagen konnte, hudelte Maischberger weiter, weil das Ende der Sendezeit nahe war.

Die war mit dem Austausch altbekannter Positionen verstrichen. Ex-„Wetten, dass“-Moderator Thomas Gottschalk, der frischeste, spitzzüngigste in der Runde, sprach sich für einen reformierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus. Er lobte den Druck, der durch die private Konkurrenz und durch politische Attacken entstanden sei, hoffte auf Programme näher an den Zuschauerwünschen.

Reizwort Zwangsgebühren

Wie vielfältig diese Zuschauerwünsche und Bedürfnisse aber seien, wie nötig die Größe und Vielfalt der öffentlich-rechtlichen Strukturen, Apparate und Programme, betonte erwartungsgemäß Tom Buhrow, der seinen schwächsten Moment hatte, als er die hohen Gehälter zum Beispiel der Intendanten (er selbst wird mit 400 000 Euro im Jahr entlohnt) verteidigen musste. Jeder bekomme von diesem System viel geboten, mahnte Buhrow, das Wort „Zwangsgebühren sei ein politischer Kampfbegriff.“

Da widersprach ihm sein privatwirtschaftlicher Kollege Georg Kofler, Gründer von Pro 7 und lange Chef des Bezahlsenders Premiere, natürlich gerne. „Sachverhaltsfeststellung“, nannte der den Ausdruck Zwangsgebühren. Kofler beklagte die Wettbewerbsverzerrung am Markt durch die finanzstarken öffentlich-rechtlichen Sender, die Premiere zum Beispiel bei manchen Fußballrechten ausgestochen hätten. Aber auch er plädierte nicht für die Totalabschaffung der Öffentlich-Rechtlichen. Er will nur eine radikale Senderschrumpfung und Gebührensenkung. Statt 8 Milliarden Euro Jahresbudget benötige ein künftig auf Kultur, Bildung und Nachrichtenjournalismus konzentriertes System vielleicht noch 1, 5 Milliarden, warf er in den Raum. Nachrichtenangebote wie die „Tagesthemen“ könne man ja in Arte und 3 Sat packen.

Das ist kein ganz an den Haaren herbeigezogenes Argument, dem die „Tagesthemen“-Moderatorin Pinar Atalay auch wenig entgegen zu setzen hatte. Die betonte zwar stets Wert, Qualität und Selbstkorrekturmechanismen des großen journalistischen Apparats. Aber warum der in eine riesige Unterhaltungsmaschine eingebettet sein muss, diese Problemargumentation ging sie gar nicht erst an.

Der Vorwurf der Bevormundung

Das war denn auch der Punkt, an dem die ungewohnt kontrolliert auftretende und argumentierende, in den Grenzen des Nachvollziehbaren bleibende Beatrix von Storch wiederholt einhakte. Bunte Vielfalt funktioniere doch auf dem Printmarkt ganz wunderbar, so die AfD-Politikerin, ganz ohne Zwangsabgabe finde jeder das, was er brauche und wofür er zu zahlen bereit sei. Außerdem seien die journalistischen Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender bevormundend und manipulativ. Dass sie damit vor allem den Umgang mit ihrem eigenen politischen Spektrum meint, wurde spätestens dann klar, als sie die fortgesetzte Etikettierung der AfD als rechtspopulistisch als Beispiel für öffentlich-rechtliche Meinungsmache nannte.

Das Murren über Gebühren, die harsche Kritik am Programmangebot und die Zweifel an der journalistischen Fairness gibt es schon lange. Doch aus Stammtischgerede ist eine gefährliche Umwälzungskraft geworden. In europäischen Ländern wie Polen und Ungarn schreitet die Mediengleichschaltung durch autoritäre Regierungen voran. Diesem Phänomen widmete sich eine Sonderausgabe des „Weltspiegels“, die in Maischbergers Sendung eingeblockt wurde. An der Situationsbeschreibung aus mehreren Ländern aber könnte nun jeder halbwegs gewiefte Rechtspopulist seine These vom Beeinflussungsfernsehen festmachen. Vor allem war das eine Sammlung von Plädoyers fürs öffentlich-rechtliche System.

Einfach vom Tisch gewischt

Über dieses System findet in der Schweiz am 4. März eine Volksabstimmung statt. Die No-Billag-Initiative will die Gebührenfinanzierung abschaffen, womit die Sender wohl am Ende wären. Zu diesem konkreten Anlass des Maischberger-Talks „Wozu brauchen wir noch ARD und ZDF?“ war gleich zu Beginn der Kabarettist Emil Steinberger aus der Schweiz zugeschaltet. Mit verschmunzelter Leidenschaftlichkeit beschwor Steinberger die einzigartige Qualität öffentlich-rechtlicher Angebote und warnte mit Verweis auf Italiens Silvio Berlusconi vor der politischen Macht privater Senderherren. Damit waren dann für den Rest der Debatte die Schweizer Diskussionen, Befindlichkeiten und Konfliktfelder vom Tisch gewischt. Ein Musterbeispiel für die offene, kontroversenfreudige, furchtlose, Erkenntnisse bringende Arbeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens war diese Sendung also mal wieder nicht.