Im neuen Jahr wird der Kreis Göppingen auf rund 4,5 Millionen Euro an Einnahmen aus der Kreisumlage verzichten müssen. Eine Mehrheit im Kreistag hat entschieden, die Kommunen 2016 um diesen Betrag weniger zu belasten. Der Landrat Edgar Wolff hatte zuvor gewarnt, das Geld werde dem Kreis künftig fehlen, wenn er die geplanten Großprojekte finanzieren muss. Foto: dpa

CDU und Freie Wähler haben dafür gesorgt, dass die Kommunen 2016 rund 4,5 Millionen Euro weniger Kreisumlage bezahlen müssen. Der Landrat warnte, das Geld könne am Schluss fehlen.

Kreis Göppingen - In der nun allerletzten Sitzung im Hohenstaufensaal, dessen Scheiben im Zuge der Umwidmung zur Flüchtlingsunterbringung bereits mit einem Sichtschutz versehen worden sind, haben die Kreisräte von CDU und Freien Wählern in einem demonstrativen Schulterschluss eine Entlastung der 38 Gemeinden und Städte im Kreis um 4,5 Millionen Euro im kommenden Jahr durchgesetzt. Um die steigende Zahl von Flüchtlingen besser betreuen zu können, hat der Kreistag außerdem 128, teils befristete Stellen geschaffen.

Auch die Steuerkraft der Kommunen ist gesunken

Für die geringere Kreisumlage (35,5 Prozent) stimmten 28 Räte von CDU und Freien Wählern, die insgesamt mit 37 Abgeordneten im Kreistag vertreten sind. Die Räte der SPD, Grünen, FDP und der Linken, die über 23 Stimmen verfügen, hatten vergebens den Vorschlag der Verwaltung gestützt, den Hebesatz im vierten Jahr in Folge bei 37 Prozent zu halten. Angesichts der gesunkenen Steuerkraft der Kommunen hätte das dem Kreis bereits zwei Millionen Euro Mindereinnahmen beschert.

Die Rücklage des Kreises beträgt derzeit 40 Millionen Euro

In einem ersten Anlauf hatte die CDU versucht, die Kreisumlage sogar um sechs Millionen Euro auf 35 Prozent zu drücken. Das könne der künftige Etat zwar verkraften, senke aber die Liquidität, hatte zuvor der Landrat Edgar Wolff behauptet. Außerdem fehle das Geld im Finanzkonzept, um später den Beitrag der Kommunen bei Großprojekten zu entlasten. Wolfgang Rapp, der CDU-Sprecher, hielt entgegen, der Kreis habe die Umlage jahrelang viel zu hoch angesetzt, wie es die Rechnungsergebnisse der vergangenen Jahre mit 14 Millionen Euro Überschuss 2014 und sechs Millionen Euro beim vorläufigen Ergebnis für 2015 zeigten. 2013 dazugezählt, ergebe das eine Rücklage von rund 40 Millionen Euro. Eine Menge Geld, die dem Kreis zweifellos guttue, den Kommunen aber für ihre Investitionen fehle.

Weil die Christdemokraten in einer taktisch angelegten Abstimmung mit ihrem Antrag unterlegen waren, stellten sie sich, wie angekündigt, hinter den Vorschlag der Freien Wähler, die dem Kreis immerhin ein halbes Prozent mehr an Umlage gönnen wollten. Ihr Sprecher Werner Stöckle nannte es angesichts eines erfreulicherweise schmelzenden Schuldenstands ein Gebot der Stunde, über eine Entlastung der Kommunen nachzudenken. Dies sei ein Zeichen der Verbundenheit und Solidarität mit den Städten und Gemeinden.

Appell an die Bürgermeister: sie sollen diesmal nur als Kreisräte abstimmen

Zuvor hatte Susanne Widmaier (SPD) unter dem Beifall ihrer Fraktion an die Kreisräte appelliert, die gleichzeitig auch als Gemeinderäte oder Bürgermeister Verantwortung tragen: An diesem Tag seien sie nur als Kreisräte gefordert und sollten deshalb mit einem konstanten Umlagesatz die Weichen für einen noch attraktiveren Kreis stellen. Mit Blick auf das Finanzkonzept „2020 plus“, der künftigen Richtschnur, seien geringere Kreditaufnahmen anzustreben, forderte Susanne Widmaier. Ähnlich äußerte sich auch Martina Zeller- Mühleis (Bündnis 90/Grüne): „Wir wollen uns nicht nachsagen lassen, in guten Zeiten keine Schulden abzubauen.“

Susanne Weiß (FDP) warnte vor unkalkulierbaren Kostenrisiken beispielsweise bei Hartz-IV-Zuschüssen für Flüchtlinge. Außerdem sei der erhoffte Landeszuschuss von 45 Prozent für den Klinikneubau noch nicht sicher zugesagt. Weiß forderte eine solide Finanzierung und eine maßvolle Erhöhung der Kreisumlage – wenn nötig. Und der Linke Christian Stähle bekräftigte, die Integration der Flüchtlinge sei nur mit einer konstanten Umlage zu finanzieren.

Der Landrat spricht von einem siebenstelligen Haushaltsrisiko

Tatsächlich hatte der Landrat Edgar Wolff angesichts der Dynamik der Zugangszahlen von Flüchtlingen ein Haushaltsrisiko im siebenstelligen Bereich festgestellt. Wolff sagte aber auch, er vertraue auf die volle Erstattung der Kosten durch das Land, weshalb diese im Etat 2016 kostenneutral dargestellt seien.

Wolff kündigte an, man werde bei der Finanzklausur Mitte 2016 weiter an den Stellschrauben für die im Finanzkonzept „2020 plus“ beschriebenen Großprojekte drehen. Dazu gehöre auch die Vollintegration in den Verkehrsverbund Stuttgart, die den Kommunen mit dem zu erbringenden Finanzierungsbeitrag erhebliche Anstrengungen abverlange.