Polit-Rabauke Donald Trump nach den Vorwahlen am Super-Dienstag weiter auf dem Vormarsch. Foto: DPA

Dem Rechtspopulisten Donald Trump ist die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner nur noch schwer zu nehmen. Das ist zuallererst ein Problem für die US-Konservativen. Aber auch eine Reaktion auf die Obama-Ära.

Stuttgart/Washington - Es ist genau so gekommen, wie es die Parteiführung der US-Republikaner bis vor kurzem noch völlig ausgeschlossen hat: Der auf rechtspopulistischen Krawall gebürstete Donald Trump geht nach der Vorwahl-Serie als haushoher Favorit ins weitere Rennen. Die Chance, ihn durch einen starken innerparteilichen Rivalen doch noch zu stoppen, ist enorm geschrumpft: Der junge Latino-Senator Marco Rubio, für viele die Zukunft der US-Konservativen, blieb auch am Super-Dienstag eine Super-Enttäuschung. Dass nun ausgerechnet dem religiösen Heißsporn Ted Cruz die Rolle des Parteiretters der zufallen soll, ist ein Treppenwitz. Geradezu übersichtlich verläuft indes das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten: Hillary Clinton sieht sich gegenüber ihrem linkspopulistischen Herausforderer Bernie Sanders zurecht gestärkt.

Monatelang waren sich traditionelle Republikaner sicher, dass sich der Immobilienmilliardär dank seiner radikalen Äußerungen und Widersprüche selbst disqualifiziert. Später klammerte sich die Parteiführung an die Hoffnung, konservative Wähler würden andere Kandidaten vorziehen. Doch nun muss diese Trumps wachsende Stärke einräumen. Zuletzt konnte der reiche New Yorker 40 Prozent der republikanischen Vorwähler auf sich vereinigen. Das bleibt zuallererst ein Problem für die US-Konservativen: Es gäbe keinen Trumpismus ohne die fatale Präsidentschaft George W. Bushs und dem hartnäckigen Ignorieren der Sorgen kleiner Leute. Dies führt zu einer feindlichen Übernahme der Republikaner durch den Ex-Reality-TV-Star führen – und zur Spaltung der Partei.

Clinton knöpft sich Trumps Demagogie vor

Deshalb stehen die Chancen nicht schlecht, dass Hillary Clinton die erste Präsidentin der USA wird. Aber: Hundertprozentig darauf verlassen können sich die Demokraten nicht. Clintons Kampagne wird sich schon bald Trumps Demagogie vorknöpfen. Wenn es immer noch so wie bei den bisherigen Wahlen ist, zieht die bisher noch gar nicht gehörte, schweigende Mehrheit der amerikanischen Bürger bei den Wahlen im November einen Kandidaten der Mitte vor.

Aber: Der kometenhafte Aufstieg des Trumpismus ist auch eine Reaktion auf die Obama-Ära. Der links der Mitte regierende erste schwarze Präsident hat mit seiner Einwanderungspolitik, seiner Haltung zur Homosexuellen-Ehe oder zur Waffenkontrolle viele konservative Weiße aus der Mittelschicht gegen sich aufgebracht. Wähler, die obendrein von ökonomischen Nöten geplagt werden. Zudem hat Obama die politische Spaltung Amerikas, die er zu lindern versprach, noch vertieft. Nie hat er mit der republikanischen Mehrheit im Kongress einen geschäftsmäßigen Ausgleich gefunden.

Pragmatismus im Amt

Für die Europäer sind die US-Wahlen von überragender Bedeutung. Gerade in einer im Chaos versinkenden Welt kommt es darauf an, dass im Weißen Haus jemand mit Augenmaß agiert: also kein Trump. Also kein Cruz . Bei allem Gerede vom Machtverlust der USA sollte sich die alte Welt nicht darauf verlassen, dass noch jeder amerikanische Präsident im Amt zum Pragmatismus fand.

Besonnene Republikaner wissen das. Sie machen sich schon Sorgen über den maßlosen Populisten Trump im Oval Office. Für manche – wie etwa den Professor Tom Nichols von der Marine-Akademie – wäre sogar die demokratische Präsidentin Hillary Clinton das kleinere Übel. Er zitiert einen der Gründervater der USA, Alexander Hamilton, der vor den Wahlen im Jahr 1800 meinte, lieber würde er verlieren als seinem Rivalen John Adams zu unterstützen: „Wenn wir schon einen Feind an der Regierungsspitze haben müssen, lasst es einen sein, dem wir uns widersetzen können und für den wir nicht verantwortlich sind.“

m.weissenborn@stn.zgs.de