Die Theaterspinner entführen ihr Publikum in E.T.A. Hoffmanns Traumwelt. Foto: /Ines Rudel

Die Theaterspinnerei in Frickenhausen bringt E.T.A. Hoffmanns Novelle „Der goldene Topf“ als multidimensionales Live-Hörspiel mit Kopfhörern und Drei-Gänge-Menü auf die Bühne.

Frickenhausen - Wenn man den Kopfhörer abnimmt, kommt es einem vor, als käme man direkt aus einer anderen Welt voller Fantasie und Poesie zurück in die Realität. Eben noch haben Kirchturmglocken, entferntes Stimmenwirrwarr und atmosphärisch dichte Klangteppiche die Gedanken fortgetragen – zurück ins Dresden des frühen 19. Jahrhunderts. Dort lässt E.T.A. Hoffmann eines der berühmtesten Werke der Romantik spielen. Als „Märchen aus einer neuen Zeit“ hat er seine Novelle „Der goldene Topf“ einmal bezeichnet.

Und jetzt sitzen die Gäste der Theaterspinnerei ein wenig verträumt im zum pittoresken Theatersaal umgestalteten ehemaligen Bahnhof von Frickenhausen – und bekommen als Vorspeise eine Flädlesuppe serviert. Das ist ein krasser Schnitt– und durchaus ein wenig irritierend. Doch wenn man genau darüber nachdenkt, dann ist die Entscheidung der beiden Theaterchefs Jens Nüßle und Stephan Hänlein, diesen sehr besonderen Theaterabend, besser gesagt, dieses – wie sie es nennen – „multidimensionale Live-Hörspiel mit Kopfhörern“ in ein dreigängiges Menü einzubetten, absolut schlüssig. Schließlich ist es Hoffmann selber gewesen, der in vielen seinen Erzählungen – und wohl am meisterhaftesteten im „Goldenen Topf“ – seine Protagonisten zwischen einer vermeintlich realen und einer anderen, wundersamen Fantasiewelt hin- und herpendeln lässt. Dass er diese nicht verklärt, sondern gerade in dieser (Alp)-Traumwelt auch die Schattenseiten, oder wie er es nennt, die „Nachtseiten“ der menschlichen Existenz radikal ausleuchtet – macht Hoffmann so besonders.

Nur wer Kopfhörer trägt, kann das Hörspiel verfolgen

In zwölf so genannten Vigilien – übersetzt Nachtgebeten – erzählt er auf höchst irritierende Weise – vom Studenten Anselmus, der in seiner Liebe hin- und hergerissen ist zwischen der bürgerlichen Veronika und Serpentina, einer grüngoldenen Schlange mit tiefblauen Augen.

Die Theaterspinnerei, die sich als multimediales Theater versteht, geht bei diesem Abend noch einen Schritt weiter als in allen früheren Inszenierungen. Nur wer die hochmodernen Funkkopfhörer aufsetzt, kann dieses Hörspiel verfolgen. Hier fließen die teilweise elektronisch verfremdeten Stimmen von Jens Nüßle und Susie Rosina Pochert, die in dieser radikal zusammengestrichenen 80-Minuten-Fassung verschiedenen Protagonisten ihre Stimme verleihen, mit den von Stephan Hänlein live gespielten, wunderbar lautmalerischen Gitarrenlinien und den eingespielten Nebengeräuschen zusammen.

Holografische Bilder illustrieren die Handlung

Allerdings verlassen sich die Theaterspinner nicht allein aufs Hörerlebnis. Auf einen unsichtbaren, vor der Bühne gespannte Gaze-Vorhang, der holografische Bilder ermöglicht, werden mehr als 90 Werke des Künstlers Marcus Dreisigacker projiziert, die die Handlung illustrieren.

Zunächst sind am 20. und 21. Dezember, sowie am 7. und 8. sowie am 14. und 15. Februar sechs weitere Vorstellungen mit Drei-Gänge-Menü geplant. Die Karten dafür kosten 67, ermäßigt 62 Euro. Allerdings möchte die Theaterspinnerei auch Schulvorführungen ohne Essen anbieten. Infos dazu und Karten gibt es unter 0 70 22/2 43 56 00.