Vom heimischen Wohnzimmer auf die Showbühne: Am Wochenende fährt der 22-jährige Kevin Feddersen zur Just-Dance-WM nach Paris. Foto: Mathesius/Lewis Jolly-TLMALP

Das Konsolenspiel „Just Dance“ hat Kevin Feddersens Leben umgekrempelt. Nun fährt der Göppinger zur WM nach Paris.

Göppingen/Paris - Ein klein wenig ist ihm die Nervosität schon anzumerken. Kein Wunder, es sind nur noch wenige Tage bis der Göppinger Kevin Feddersen in Paris gegen Tänzerinnen und Tänzer aus Russland, Brasilien, den USA oder Indien um den Weltmeistertitel bei „Just Dance“ antritt. Am Samstag, 21. April, ist es soweit. Doch was ist „Just Dance“ eigentlich? Es handelt sich um eine Konsolen-Spielreihe des französischen Herstellers Ubisoft. Dabei tanzt der Spieler eine Choreografie nach, die ihm auf einem Bildschirm angezeigt wird. Das Spiel zeichnet die Bewegungen des Spielers auf und vergibt Punkte, wie gut die Choreografie nachgetanzt wurde.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich es so weit schaffe“, freut sich Feddersen. Denn bei der Qualifikation für die deutsche Meisterschaft im September hatte er die Teilnahme zunächst um einen Platz verpasst. Dann sprang allerdings ein Teilnehmer ab und Kevin Feddersen rückte nach. „Das hat mich riesig gefreut.“ Bei den nationalen Titelkämpfen im November dann hat er im Finale die Jury mit der Choreografie zu dem Lied „24K magic“ voll und ganz überzeugt. „Das war schon eine ziemlich extreme Choreo. Aber ich habe die Bühne gerockt“, sagt der Tänzer stolz. Er gewann die deutsche Meisterschaft und löste damit sein Ticket zur WM. „Anschließend ging es drunter und drüber.“ Plötzlich habe er Anfragen von Fernsehsendern bekommen und zahlreiche Nachrichten auf seinen Social-Media-Accounts beantworten müssen. „Und ich habe viele Kontakte zu ‚Just Dance‘-Spielern weltweit bekommen.“

Vom Taschengeld eine Spielkonsole gekauft

Angefangen hat alles vor neun Jahren in der Göppinger Innenstadt. In einem Drogeriemarkt kaufte er sich für 30 Euro von seinem Taschengeld ein Konsolenspiel. „Ich fand einfach die Lieder gut“, erinnert er sich heute daran zurück. Zu Songs wie „Can’t touch this“ und „Who let the Dogs out“ tanzte Kevin Feddersen fortan viele Stunden die vom Computer vorgegebenen Choreografien nach. „Ich habe das jeden Tag gemacht.“ Dass der Kauf des Spiels sein Leben verändern würde, konnte der Junge nicht ahnen. Er habe 115 Kilogramm gewogen, bevor er mit dem Tanzen begonnen habe. Durch die regelmäßige Bewegung mit „Just Dance“ und nach einer Ernährungsumstellung verlor der junge Mann dann rund 40 Kilogramm – und gewann gleichzeitig stetig an Selbstbewusstsein, wie er sagt. Früher habe er sich kaum getraut, vor Publikum zu tanzen.

Über das Spiel und durch die Teilnahme an Turnieren habe er neue Freunde kennengelernt. „Ich verdanke dem Spiel viel. Es hat mein Leben verändert“, meint Feddersen. Inzwischen hat er sich sogar den Schriftzug des Spiels auf die linke Brust tätowieren lassen sowie alle neun Hauptteile von „Just Dance“ durchgetanzt. Und ein Ende ist nicht in Sicht. „Das Tanzen macht mir immer noch riesigen Spaß“, sagt sich der Einzelhandelskaufmann, der im echten Leben in einem Göppinger Baumarkt arbeitet. Er hofft, dass seine Geschichte anderen Leuten Mut macht, etwas anzugehen, etwas zu wagen.

Impressionen der Just-Dance-WM im Livestream

Für die WM hat er sich vor allem vorgenommen, mit viel Spaß an die Sache ranzugehen. „Wir sind zwar alle Gegner, aber irgendwie sind wir auch eine große Familie“, beschreibt er das Verhältnis zu den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Außerdem sei er – im Fall der Fälle – kein schlechter Verlierer: „Wenn jemand anderes gewinnt, freue ich mich für ihn.“ Siegen möchte er aber trotzdem.

Deshalb übt er zurzeit täglich beziehungsweise nächtlich nach Feierabend an seiner Konsole. 40 Lieder stehen bei der WM zur Wahl. Die teils komplizierten Choreografien mit vielen Geschwindigkeits- und Bewegungswechseln sollten alle sitzen. „Wir wissen nicht, was drankommt“, erklärt Feddersen. Bis zum Viertelfinale basieren die Ergebnisse nur auf der Punktzahl aus dem Spiel – wer am meisten Punkte macht, gewinnt. Danach wird eine Jury zusätzlich zu den sogenannten Ingame-Punkten weitere Zähler vergeben, die dann das Zünglein an der Waage sein können.