Kamera läuft! Der Fußball ist im TV beinahe omnipräsent. Foto: Baumann

Unser Autor hat sich in seiner Bundesliga-Kolumne mit dem Fußball in diversen TV-Kanälen beschäftigt – und hat nun eine böse Vorahnung.

Stuttgart - Neulich habe ich die Zukunft des Fußballs in den Medien erlebt. Das geht so: Du gehst in ein halbwegs anständiges Hotel im Ausland. Als ungefähr dritte oder vierte Amtshandlung nach der Ankunft im Hotelzimmer schaltest du den Fernseher ein – und kommst in der schönen neuen Medienwelt an. Wenn du in Spanien bist, landest du unweigerlich bei Real Madrid TV. Die haben einen eigenen Fernsehsender, das wusste ich schon. Nur geguckt hatte ich den noch nie. Im Hotel war der Sender freigeschaltet. Und wenn was frei ist, dann gucke ich das auch. Das ist eine ziemlich schlechte Angewohnheit – ungefähr genauso schlecht wie die mit der auf dem Kopfkissen ausgelegten Schokolade: Mir gelingt es nie, die zu ignorieren. Ich esse die auf. Noch vor dem Einschlafen.

Zwei Reporter beim Real-Jugendspiel

Es blieb aber nicht nur bei der Schokolade, es wurde auch eine gute Stunde Real Madrid TV. Das Ganze war eine Mischung aus Werbung und Fußball. Werbung für Real Madrid, unterbrochen von Fußball von Real Madrid. Der Fußball war ein Jugendspiel von Real Madrid. Also überschaubar unterhaltsam. Ich habe es mir trotzdem reingezogen. Auf Spanisch. Das ist dann ganz besonders interessant, wenn man überhaupt kein Spanisch versteht. Spanier sprechen Spanisch auch noch ziemlich schnell. Deswegen war meine Hoffnung, zumindest irgendwelche Namen aufzuschnappen, trügerisch. Ich verstand kein Wort der zwei (!) Reporter. Anhand des eingeblendeten Spielstandes wusste ich, dass eine der beiden Mannschaften führte. Geblieben ist mir: eine der beiden Jugendmannschaften gewann am Ende 3:2, ich schätze mal, das war Real. Und die hatten vorne links einen, der war ziemlich gut. Ich schätze mal, aus dem wird was werden. Wie er heißt ist, habe ich leider auch nicht herausgefunden. Kann jetzt also nicht mal mit einem Geheimtipp glänzen.

Konkurrenzkampf am Sonntagvormittag

Nach Deutschland zurückgekommen, erinnerte ich mich, dass die Bayern was Ähnliches im Angebot haben. Das FC Bayern-TV. Ich wollte herausfinden, ob die besser sind – das ist mir aber nicht gelungen. Ich habe unter 800 Sendern im Angebot den Kanal nicht gefunden und bin dann resignierend in den diversen Sporttalks hängen geblieben. Die treten sonntags mittags gegeneinander an, Thomas Helmer gegen Jörg Wontorra. Bei Helmer sprachen unter anderem Christoph Daum und Andi Möller über die vielen Trainerentlassungen in der Bundesliga. Bei Wontorra sprachen unter anderem Lothar Matthäus und Maurizio Gaudino. Ihr Thema: die vielen Trainerentlassungen in der Bundesliga.

Da deutet sie sich an, die Medienzukunft der Bundesliga: Overkill an allen Ecken und Enden. Das FC Bayern TV habe ich dann im Internet gefunden. Es gibt gleich drei davon: Die Gratis-Ausgabe für alle, die Plus-Ausgabe für die Zahlungswilligen, und die Live-Ausgabe für die endgültig Abhängigen. Auf Bayern-TV gab es sogar schon mal eine Live-Kündigung: Uli Hoeneß mochte die Frage eines Interviewers nicht – und kündigte ihm vor laufender Kamera. Was er ein paar Tage später zurücknahm. Aber klar wurde da: Kündigen ist etwas, worin man in der Liga Übung hat und es gerne im Handumdrehen erledigt.

Pressekonferenzen werden live übertragen

Auch die anderen üben schon. Die Pressekonferenzen werden in Hoffenheim und Stuttgart live übertragen, der Pressesprecher wird zum Moderator. Wenn in der nahen Zukunft alle Erstligisten das machen, gibt es von jedem Team drei Fernsehangebote – macht 54 Fußballsender. Da kann man dann Jugendspiele aller Bundesligisten anschauen. Wenn man das will. Als Highlights, neben Jugendspielen, schlage ich vor, die Kündigungen der Trainer ebenfalls live zu übertragen. Das bringt Quote. Früher nannte man das Brot und Spiele. Jetzt heißt es Schokolade und Fußball. Und Rausschmisse live.