Mercedes-Star Lewis Hamilton (li.) und der künftige Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel fahren 2021 zwar nicht im gleichen Team, aber sind mit dem gleichen Mercedes-Motor unterwegs. Foto: dpa/Rick Rycroft

Lange war nicht sicher, ob Sebastian Vettel nach seinem Rauswurf bei Ferrari in der Formel 1 bleiben würde. Die Antwort lautet: Ja – und der viermalige Weltmeister hat plötzlich wieder die WM im Visier.

Mugello/Stuttgart - Eine Glaskugel war nicht nötig und auch keinerlei parapsychologische Fähigkeiten. Als am Mittwochabend Sergio Perez über verschiedene Kanäle im Netz mitgeteilt hatte, dass er in der kommenden Formel-1-Saison nicht für Racing Point oder besser gesagt: nicht für den Nachfolge-Rennstall Aston Martin fahren wird, da war jedem klar, der eine Zündkerze von einer Christbaumkerze unterscheiden kann: Nun ist der Weg frei für Sebastian Vettel, nun wird es so kommen, wie es im inoffiziellen Boxenfunk schon seit Wochen verbreitet worden war.

 

Genauso ist es gekommen. Am Donnerstagmorgen gab der viermalige Weltmeister bekannt, dass er in der Saison 2021 für Aston Martin in den Großen Preisen starten wird. Und auch Racing Point gab zur Frühstückszeit der prominenten Verpflichtung vor dem Großen Preis der Toskana an diesem Sonntag (15.10 Uhr/RTL) in Mugello noch den nötigen offiziellen Anstrich. „Es ist ein neues Abenteuer für mich mit einem wahrhaft legendären Autobauer“, sagte der 33 Jahre alte Altmeister, „ich trage noch so viel Liebe für die Formel 1 in mir, und meine einzige Motivation ist es, an der Spitze des Feldes zu fahren. Das mit Aston Martin anzugehen, wird ein großes Privileg.“ Nun muss Sebastian Vettel sich nicht mehr auf die Zunge beißen, wenn er nach seiner Zukunft gefragt wird – zuletzt blockte er stets ab, er schwieg und lächelte sämtliche lästigen investigativen Fragen weg.

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Nicht nur deshalb wird der Heppenheimer aufatmen. Er darf weiter seinem Job als Rennfahrer nachgehen, was zumindest in der Öffentlichkeit lange als nicht wirklich sicher gegolten hat und, was die Geschichte noch wertvoller und prickelnder macht: Er dürfte im nächsten Jahr einen ziemlich konkurrenzfähigen Boliden unterm Hintern haben – im Gegensatz zu seinem diesjährigen Ferrari, mit dem der Ex-Weltmeister kämpfen muss wie ein Berserker, um in die Punkteränge zu fahren. 2021 bezieht Aston Martin (wie aktuell Racing Point) seinen Motor von Branchenführer Mercedes, derzeit kämpft Racing Point mit McLaren um Rang drei in der Konstrukteurswertung. Sebastian Vettel könnte sich nächste Saison zu einem echten Konkurrenten von Dauerchampion Lewis Hamilton entwickeln.

Ralf Schumacher würde das nicht überraschen. „Das Auto ist dem Mercedes sehr ähnlich“, erklärte der sechsmalige Grand-Prix-Gewinner im Interview mit Sky, „das Auto sieht sehr stabil aus, wenn man die On-Board-Kameras sieht. Das ist das, was Sebastian am Ferrari bemängelt. Ich könnte mir vorstellen, dass er mit dem Fahrverhalten des Autos deutlich besser zurechtkommt.“ Ralf Schumacher hält das aktuelle Auto von Racing Point für „unumstritten das deutlich bessere Paket im Vergleich zum Ferrari“. Es sieht danach aus, als habe Vettel alles richtig gemacht.

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Die Verbindung Vettel/Aston Martin ist keine, die auf einen reinen Knalleffekt im Jahr 2021 ausgelegt ist, der Kontrakt geht über mehrere Jahre – wie lange genau, das wollten weder Vettel noch Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer verraten. „Das Ziel ist nicht auf die Kürze ausgelegt, sondern darauf, dass man längerfristig zusammenarbeitet“, betonte der 53-malige Grand-Prix-Sieger, „mir war wichtig, dass es ein Schritt nach vorne ist, dass ich mich weiterentwickeln kann. Es wartet eine neue Aufgabe mit dem Team, und es herrscht Aufbruchsstimmung.“ Dass Aston Martin von der Verpflichtung profitiert, steht außer Frage. Der Name Vettel allein wird dem Werkteam der James-Bond-Automarke ähnlich viel Aufmerksamkeit bescheren, als hätte Sean Connery (90) sein Comeback als Geheimagent Ihrer Majestät auf der Leinwand angekündigt. „In Silverstone sind angesichts dieser Nachricht alle ganz aufgeregt“, verkündete Szafnauer erfreut, „Sebastian ist erwiesenermaßen ein Champion und bringt eine Siegermentalität ins Team, die sich mit unseren eigenen Ambitionen in unserer Zukunft als Aston-Martin-Team deckt.“

Sergio Perez, der 30 Jahre alte Mexikaner, ist auf der Motorsportbühne – abgesehen von seiner Heimat – kein Star, der Medien, Sponsoren und Fans anzieht. Also musste er weichen, auch wenn er einen Vertrag bis Ende 2022 besaß. Eine fette Abfindung (es heißt im einstelligen Millionenbereich) wird ihm den vorgezogenen Abschied erleichtern. Der zweite Racing-Point-Pilot, Lance Stroll, hatte seinen Platz im Cockpit sicher, sein Vater Lawrence hält 20 Prozent der Anteile an Aston Martin, was ihn 237 Millionen Euro gekostet hat. Auch der kanadische Milliardär dürfte sich gewaltig über die Verpflichtung von Sebastian Vettel freuen. Der Aktienkurs stieg kurz nach Bekanntgabe der Personalie von 63 Dollar-Cent auf 72 Dollar-Cent.