Der britisch-amerikanische Regisseur Christopher Nolan Foto: imago/Future Image

Ob „Batman“ oder „Inception“: Der Filmregisseur Christopher Nolan ist der Meister des intelligenten Blockbusters . So lang es Künstler wie ihn gibt, ist der Wettkampf zwischen Kino und Streaming noch nicht endgültig entschieden.

Los Angeles - Kann es das wirklich geben: einen „Autorenfilmer in Hollywood“? Eine Kino-Datenbank versieht den 50-jährigen Regisseur Christopher Nolan mit diesem Titel – und kombiniert so zwei Sphären, die nach tradierter Kritikermeinung eigentlich nicht zusammenpassen.

„Autorenfilmer“, das sind aus deutscher Sicht Künstler, die ohne Rücksicht auf den Mainstream im Studio und im Schneideraum ihre persönliche Handschrift verwirklichen. Und „Hollywood“, das ist ja wohl die Begräbnisstätte jedweder künstlerischer Individualität, wo stets nur die Wünsche des Massenpublikums etwas gelten und jeder Regisseur am Ende schlicht eine Ware abzuliefern hat.

„Memento“ war sein früher Erfolg im Jahr 2000

Wie immer sind solche Klischees nie wirklich richtig und nie ganz falsch – aber Persönlichkeiten, die beide Pole verbinden, in jedem Fall ein kostbares Gut. Christopher Nolan gehört zweifellos dazu. Der Sohn eines Londoner Werbetexters und einer amerikanischen Stewardess liebte bereits als Kind den Film, filmte mit der Super-8-Kamera seines Vaters die Actionfiguren aus der Spielzeugkiste, beschloss mit zehn Jahren, später mal Filmregisseur werden zu wollen, und entschied, das wichtigste Rüstzeug hierzu in einem Literaturstudium zu finden.

Kann man im Medium Film größtmögliche Spannung und anregendste Intellektualität miteinander verbinden? Besser noch: so eng miteinander verweben, dass der Zuschauer beim Zuschauen die beiden Ebenen gar nicht voneinander zu scheiden weiß? Gleich mit seinem frühen Erfolg „Memento“ (2000) hat Nolan das bewiesen – ein Kriminalfilm, der seine Geschichte Szene für Szene konsequent rückwärts erzählt.

Und für den Zuschauer bei jedem Zeitsprung ebendiese Geschichte in völlig neuem Licht erscheinen lässt.

Die „Batman“-Trilogie ist ein Kunstwerk

Große Budgets und große Stars töten große Kunst – ja, Hollywoods Geschichte liefert zahlreiche Beispiele dafür. Aber gerade aus einem Jahrzehnt Distanz wird deutlich, dass Nolans „Batman“-Trilogie (2005 bis 2012) die Widersprüche tatsächlich zum zeitlosen Kunstwerk versöhnt hat: eine Kulisse wie von einem Gemälde, Krach, Blitz und Rauch wie im Chemie-Schullabor – aber eben ganz selbstverständlich auch Zeitanalyse, Zeitansage für das Publikum. Und ein Aufgebot an Stars, von Christian Bale bis Tom Hardy, von Maggie Gyllenhaal bis Marion Cotillard, die jede Genre-Rolle zu Schauspielkunst adeln. Und, klar: Heath Ledger . . .

Und war „Inception“ 2010 nun dieser wahnsinnig spannende Actionthriller mit Leonardo DiCaprio? Oder ein Essay über das Phänomen Zeit? Genau: Er war just beides.

Hollywood weiß: Solang ein Künstler wie Christopher Nolan am klassischen Kino festhält – sein Bruder Jonathan schreibt längst Seriendrehbücher –, so lang ist der Wettkampf mit den Streamingdiensten noch nicht ganz entschieden. „Die Trennung in Blockbuster und persönlichere Filme finde ich falsch“, sagte Nolan jüngst in einem „Spiegel“-Interview. „Es gibt große Filme, die sehr persönlich sind, und kleine, die sehr unpersönlich sind. Die Zukunft des Kinos hängt davon ab, dass Regisseure Geschichten erzählen, die ihnen am Herzen liegen.“ So spricht ein Autorenfilmer in Hollywood.