Landtagspräsidentin Muhterem Aras verlangt von der AfD-Fraktion im Umgang mit Wolfgang Gedeon eine „Null-Toleranz-Politik“. (Archivfoto) Foto: dpa

Im Fall des umstrittenen AfD-Politikers Gedeon beginnt die Stuttgarter Landtagsfraktion mit der Suche nach Experten, Landtagspräsidentin Aras mahnt bei der AfD eine „Null-Toleranz“ an.

Stuttgart - Die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras hat die AfD-Fraktion im Umgang mit ihrem Mitglied Wolfgang Gedeon zu einer „Null-Toleranz-Politik“ aufgefordert. „Antisemitismus darf in unserem Land und in unserem Parlament keinen Platz haben“, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Stuttgart einer Mitteilung zufolge. „Ich hätte mir gewünscht, dass die AfD die Reißleine zieht“, sagte die türkischstämmige Politikerin angesichts der Antisemitismusvorwürfe gegen Gedeon.

Die Erklärung Gedeons, wegen der Vorwürfe seine Mitgliedschaft in der Fraktion ruhen zu lassen, habe rechtlich keine Folgen. Eine solche Möglichkeit gebe es weder nach dem Fraktionsgesetz noch nach der Geschäftsordnung des Landtags. „Grundsätzlich wird Gedeon weiterhin als fraktionsangehöriger Abgeordneter behandelt“, unterstrich Aras.

Grüne verlangen verzicht auf Gelder

Die Grünen-Fraktion verlangte von der AfD einen Verzicht auf die Zuschüsse von monatlichen mehreren 1000 Euro für Gedeon. „AfD-Fraktionschef Meuthen hat Wolfgang Gedeon unmissverständlich als Antisemiten bezeichnet“, sagte ein Sprecher der Fraktion. „Im Namen des politischen Anstands sollte er dann auch auf die Gelder verzichten, die seine AfD-Fraktion aufgrund von dessen ungebrochener Mitgliedschaft erhält. Alles andere wäre scheinheilig“, sagte der Sprecher.

Die Politiker behält nach Darstellung von Landtagspräsidentin Aras sein Rederecht, wenn er von seiner Fraktion als Redner benannt wird. Zudem könne er wie jeder Abgeordnete Kleine Anfragen stellen und Abgeordnetenbriefe schreiben. Aras sieht die Entscheidung, Gedeon zunächst nicht aus der Fraktion zu werfen, als interne Angelegenheit der AfD.

Rechtspopulisten wollen Gutachter einschalten

Die Rechtspopulisten wollen nun durch ein Gutachten klären lassen, ob ihr Mitglied in seinen Schriften den Massenmord an den Juden verharmlost hat. Eine Kommission aus sieben Abgeordneten wollte noch am Mittwoch Gutachter benennen, wie ein Sprecher der AfD-Fraktion sagte. In der Gutachterfindungskommission sei neben anderen AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen vertreten. Er hatte sich dafür ausgesprochen, dass auch ein Experte jüdischen Glaubens an dem Gutachten mitarbeitet.

Dem Vernehmen nach geht es darum, eine Expertise aus Beiträgen von drei Fachleuten zu erstellen. Sie sollen untersuchen, inwieweit die Antisemitismusvorwürfe berechtigt sind. Die frühere Arzt aus dem Wahlkreis Singen sieht sich über die Landesgrenzen hinaus Kritik ausgesetzt, Holocaust-Leugner zu unterstützen. Die für den Kreis zuständige Staatsanwaltschaft hatte nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise auf strafbares Verhalten.

Gedeon gehört nicht zu den Mitgliedern der Findungskommission, wie die dpa auf Anfrage erfuhr. Er hatte am Dienstag nach einer Krisensitzung seiner Fraktion erklärt, seine Tätigkeit in der Fraktion bis September ruhen zu lassen. Bis dahin soll das Gutachten vorliegen. Auf dessen Grundlage will die Fraktion erneut über seinen Ausschluss beraten.