Für Autor Jörg Kurz können artgerechte Zoos zum Überleben verschiedener Tierarten beitragen. Foto: Petra Mostbacher-Dix

Der erste Zoo Deutschlands stand in Stuttgart-Ost. Es war die Menagerie von König Friedrich I., der die exotischen Tiere bei seinem Landschlösschen hielt, das in etwa dort stand, wo heute die Schwabengarage ist. Jörg Kurz hat diese und andere Stuttgarter Zoogeschichten in seinem neuen Buch „Vom Affenwerner bis zur Wilhelma“ gesammelt .

S-Ost - Durch seine Kontakte mit englischen Kolonien über seine zweite Frau, Mathilde von England, konnte er an exotische Tiere kommen.“ Der Autor Jörg Kurz beschreibt im Muse-O, dem Stadtteilmuseum im Alten Schulhaus Gablenberg, wie Friedrich I., erster König von Württemberg, Affen, Papageien, Bären, Kängurus und gar Elefanten nach Stuttgart in seine Menagerie holte. Diesen Park hatte er 1812 vom Architekten Nikolaus Friedrich von Thouret rund um seine Retraite, einem Landschlösschen beim heutigen Neckartor, anlegen lassen. Die Stuttgarter konnten dort in den Gehegen gratis 220 Tiere sehen, darunter 17 Affenarten. „Allein dafür hat er 16 000 Goldgulden bezahlt“, so Kurz.

Menagerie nach Vulkanausbruch geschlossen

Für sein neues Buch „Vom Affenwerner bis zur Wilhelma: Stuttgarts Zoo-Geschichte“, das er im Muse-O vorstellte, folgte Kurz bei Nachkommen und in Nachlässen der Spur der Tiergärten in der Landeshauptstadt. Und die Menagerie Friedrich I. war nur der Auftakt. 1816 wurde sie wieder geschlossen wegen des „Hungersommers“: Der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora beeinflusste das weltweite Klima, Temperaturstürze führten zu Missernten. Bei so viel Not in der Bevölkerung konnte und wollte Thronfolger Wilhelm I. kein Geld für das teure Futter der Tiere ausgeben. Er verkaufte sie an fahrende Schausteller oder Tierhändler. „Der Affenwerner, Cafetier und Restaurateur gründete dann einen Zoo“, sagte Jörg Kurz. Rund um sein Wirtshaus in der Sophienstraße zeigte Gustav Friedrich Werner in Gehegen einheimische und exotische Tiere, etwa Vögel, Löwen, Bären oder Leoparden. Und mit manchen lieferte er Dompteurnummern ab. „Er legte seinen Kopf in den Rachen des Löwen, als der König seinen Tiergarten besuchte“, erklärte Kurz schmunzelnd. Ein revolutionärer Akt: Saß doch der Affenwerner davor in der Festung Hohenasperg ein, weil er sich für Friedrich Karl Franz Hecker begeisterte. Dieser scheiterte 1848 in der Märzrevolution, als er die Monarchie im Großherzogtum Baden stürzen wollte. Und die Papageien des Affenwerners krächzten stets ‚Hecker hoch’. „Den Soldaten in Stuttgart wurde verboten, das Lokal zu besuchen“, sagte Kurz und schmunzelte. „Und auch die Wachtparade wurde umgeleitet, um sie vom Einfluss des liberalen Gedankenguts fernzuhalten.“

Der Nill’sche Tiergarten wurde immer größer

1873 indes, drei Jahre nach des Affenwerners Tod, schloss dessen Sohn den „Zoo“ und verkaufte einige Tiere an den Zimmermeister Johannes Nill. Der hatte 1871 seinen Tiergarten am Herdweg auf seinem Betriebsgelände samt Ausflugslokal eröffnet. Der Nill’sche Tiergarten wurde ständig ausgeweitet, so dass er sich bis 1893 auf 9500 Quadratmeter erstreckte. Nicht nur Tierschauen, etwa mit der Dompteuse Claire Heliot, wurden gezeigt, sondern auch exotische Volksgruppen aus Tunesien oder Samoa vorgeführt.

Nill gelang es auch zum ersten Mal den großen Ameisenbär nachzuzüchten, dank Berater wie dem Zoologen Gustav Jäger. Diese Erfolge, zu Hochzeiten gab es über 500 Tiere, waren auch Grund des Niedergangs 1906: Nills Sohn, Tierarzt Adolf Nill, konnte den Tiergarten nicht mehr finanzieren, die Nachbarschaft, längst Villengegend, beschwerte sich über Lärm und Gestank.

Ausstellung mit historischen Bildern geplant

Ein Teil des Bestands floss daher in den Tiergarten an der Doggenburg ein, den 1907 Fabrikant Theodor Widmann neben dem Restaurant „Zur Doggenburg“ anlegte. Später wurde dieser wiederum von Gustav Bücheler weitergeführt, bis er 1942 schloss – und nach dem Zweiten Weltkrieg die Hochzeit der Wilhelma begann, die sich vom einstigen Bad des Königs und Botanischen Garten auch zu einem Zoologischen wandelte. Der Anfang sei eine Aquariumschau gewesen, so Kurz. Dann seien Bären und Affen in beengten Käfigen hinzugekommen. „Heute ist das Gott sei Dank anders, die Bären haben ein riesiges Gelände, es gibt das modernste Menschenaffenhaus. Gerade in Zeiten der Erderwärmung können artgerechte Zoos zum Überleben der Tiere beitragen.“

Im Frühjahr sollen die historischen Bilder aus den Stuttgarter Zoogeschichten im Muse-O gezeigt werden. Bis 31. Januar 2016 ist die Schau „Lurchi trifft Fritzle – Muse-O stellt tierische Werbefiguren aus“ zu sehen.