Auch die Kinder der Beutau spielten Krieg und warben für die Armee Foto: Repro: Horst Rudel

52 Monate lang hat die Stadt mit 52 Gegenständen die Geschichte des Ersten Weltkriegs erzählt.

Esslingen - Europaweit einmalig ist, was das Stadmuseum, das Stadtarchiv, die Esslinger Kultur und die Esslinger Bürger zum Gedenken des Ersten Weltkrieges in den vergangenen vier Jahren auf die Beine gestellt haben. 52 Monate lang, von August 2014 bis zum November 2018, so lange wie auch der Erste Weltkrieg dauerte, haben sie jeden Monat einen Gegenstand vorgestellt, der mit dem Krieg zu tun hatte. Als das Projekt 2014 begann, wusste niemand, ob die Verantwortlichen es vier Jahre lang durchhalten würden. Am 9. November geht das Projekt nun zu Ende, zu einem guten Ende.

Die Exponate hatten es in sich. Ob es die erschütternde Nachricht eines Mannes war, der abgeschnitten von seiner Einheit nicht wusste, ob er einen kommenden Panzerangriff überleben würde, oder ob es ein Kinderbuch des Schreiberverlages war, das 1915 Fünfjährigen vom baldigen Sieg erzählte. Die 52 Dokumente zeigten, wie sehr sich die Stadt Esslingen auf den Krieg und das dauernde Sterben einrichtete.

Manche der Gegenstände, die in den vergangenen vier Jahren im Stadtmuseum am Hafenmarkt zu sehen waren, waren kurios: Etwa ein Porzellanteller, der für den Verzehr von Kommissbrot warb. Er hing in einer Esslinger Wirtschaft, die später wegen Lebensmittelmangels geschlossen wurde und in der anschließend eine Volksküche eingerichtet wurde, um die Hungernden zu speisen. Die Exponate des Projekts „52 mal Esslingen und der Erste Weltkrieg“ stammen etwa zu einem Drittel aus den Beständen des Stadtarchivs, zu einem Drittel aus dem Depot des Stadtmuseums und zu einem Drittel von Bürgern.

Joachim Halbekann, der Leiter des Stadtarchivs, berichtete, dass Bürger wegen der Ausstellung das Archiv besuchten, um das Schicksal ihrer Vorfahren zu erforschen, obwohl nur wenige Akten aus der Zeit überliefert sind. Martin Beutelspacher, der Chef der Esslinger Museen, hatte darauf geachtet, dass es zu jedem Exponat einen wissenschaftlichen Vortrag gab, und es kaum für möglich gehalten, dass vier Jahre lang jeden Monat das Publikum strömte. Es war nicht immer nur Stammpublikum: Mal waren Kameruner in Esslingen, die etwas aus der Kolonialzeit erfahren wollten, mal kamen Rotkreuzler, die sich über den Rotkreuz-Zug informierten.

Flankierend gab es etwa 90 Lesungen zum Projekt

Flankierend dazu hatte das Kulturamt etwa 90 Lesungen, Ausstellungen oder Filmvorführungen auf die Beine gebracht. Die Organisation oblag Dominique Caina, die von den Kulturträgern der Stadt wie dem Kommunalen Kino, der Württembergischen Landesbühne, oder dem Kulturzentrum Dieselstraße unterstützt wurde.

Spontan entstanden ein Theaterstück, und die Komponistin Céline Papion schrieb ein Musikstück über die Soldaten in den Schützengräben.

Dieses Großprojekt der Stadt bekommt auch eine große Dokumentation. Gerade im Druck ist ein Buch mit mehr als 400 Seiten, das die Geschichte der 52 Gegenstände erzählt. Das sei ein greifbares Ergebnis, wie auch die „hervorragende Zusammenarbeit von Stadtarchiv, Stadtmuseum und städtischer Kultur“, wie der Oberbürgermeister Jürgen Zieger betonte.

Der Oberbürgermeister ist es auch, der den Dokumentationsband bei der Abschlussveranstaltung des Projekts präsentieren wird. Am Freitag, 9. November, werden um 18 Uhr in der Schickhardt-Halle des Alten Rathauses auch alle 52 Gegenstände noch einmal gezeigt.