Am Dienstag ist in Genua die Morandi-Brücke eingestürzt. Mindestens 42 Menschen kamen dabei ums Leben. Foto: dpa

Innenminister Matteo Salvini zögert keinen Augenblick, um das Unglück in Genua für seine politischen Zwecke zu nutzen und die EU unter Druck zu setzen. Das ist nur noch makaber, kommentiert unsere Italien-Korrespondentin Almut Siefert.

Rom - Es sind noch nicht einmal alle Opfer geborgen, da instrumentalisiert Innenminister Matteo Salvini den Einsturz der Morandi-Brücke in Genua bereits für seinen seit Monaten andauernden Wahlkampf. Im Frühjahr 2019 wird schließlich ein neues EU- Parlament gewählt und Salvini nutzt sein neues Amt gekonnt dazu, seine Anti-Europäischen Parolen unters italienische Volk zu werfen. Auch am Abend des Unglücks: Weil die EU Italien bei den Haushaltsverhandlungen immer an der kurzen Leine hält, gebe es kein Geld für die Instandhaltung der Infrastruktur. Das ist die Argumentationslinie Salvinis.

So makaber es sein mag: Für den rechten Norditaliener kommt die Tragödie gerade recht. Am 15. Oktober muss Italien der EU-Kommission den neuen Haushaltsplan vorlegen. Große Sprünge kann das hoch verschuldete Land nicht machen, Investitionen sind durch die EU-Regeln auf ein Minimum beschränkt. Dennoch verspricht die neue Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega ihren Bürgern weiterhin utopische Steuererleichterungen und ein nur schwer realisierbares Bürgereinkommen. Lässt Salvini die EU jetzt schlecht dastehen, kann er ihr in zwei Monaten noch leichter den Schwarzen Peter zuschieben, wenn nichts davon durchzusetzen ist.

Dabei standen Infrastrukturprojekte bislang nicht auf der Agenda von Fünf Sternen und Lega. Auch im Wahlkampf waren die Straßen und Brücken kein Thema, obwohl die Probleme seit Jahren diskutiert werden und Experten vor einem Kollaps warnen. Stattdessen hallt noch immer Salvinis Schlachtruf „Prima gli Italiani – Die Italiener zuerst“ durch das Land, mit dem er seine harte Migrationspolitik rechtfertigt. Dabei wäre eine echte Infrastrukturpolitik etwas, was wirklich den Italienern zu Gute kommen würde. Und das sogar, ganz ohne Hass auf Ausländer zu schüren und das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Das Problem: So eine Politik braucht Zeit. Und die hat Salvini nicht.