Viele Menschen führen zu mehr Straftaten: am Böblinger Bahnhof kommen täglich 35 000 Personen zusammen. Foto: factum/

Der CDU-Landtagsabgeordnete Paul Nemeth nennt den Platz beim Einkaufszentrum Mercaden einen Brennpunkt und vermittelt den Eindruck, dass die Straftaten zugenommen haben. Das Polizeipräsidium vermeldet dagegen sinkende Zahlen.

Böblingen - Paul Nemeth schlägt Alarm: „Der Böblinger Bahnhof mit dem nahegelegenen Einkaufszentrum Mercaden ist immer wieder Schauplatz von Polizeieinsätzen“, hat der CDU-Landtagsabgeordnete kürzlich erklärt. Er zählte dazu eine Reihe von Straftaten auf: Körperverletzungen, Drogendelikte, Ladendiebstähle oder sexuelle Übergriffe. „Viele Passanten haben den Eindruck, dass sich die Delikte in den letzten Jahren deutlich vermehrt haben“, teilt der Christdemokrat mit. Aber das für den Kreis Böblingen zuständige Polizeipräsidium Ludwigsburg widerspricht dem Eindruck. Dessen Angaben zufolge ist die Zahl der Straftaten seit dem Jahr 2015 gesunken.

Ein hohes Maß an Schutz selbstverständlich

„Paul Nemeth hat die Kriminalitätsentwicklung rund um diesen Brennpunkt genau im Blick“, heißt es in einer Mitteilung des Böblinger Landtagsabgeordneten. Der Ort sei leider zu einem Brennpunkt in Sachen Kriminalität geworden. Die Böblinger Bahnhofsstraße rund um das Einkaufszentrum Mercaden sei ein zentraler Platz der Stadt, an dem sich täglich tausende Passanten aufhielten. „Und für jene sollte ein hohes Maß an Schutz und Sicherheit selbstverständlich sein“, findet Nemeth. Ihm wie vielen anderen Böblingern sei nicht verborgen geblieben, dass Polizeieinsätze rund um den Bahnhof mittlerweile an der Tagesordnung seien.

Die Zahlen für seine Mitteilung hat er sich vom Innenministerium geben lassen. „Sie stützen den Eindruck einer steigenden Kriminalitätsrate in einigen Punkten“, sagt er. Als erstes greift er die Ladendiebstähle heraus, die im vergangenen Jahr ein Rekordniveau seit 2014 erreicht hätten. Die Fallzahlen aller Straftaten würden leicht über dem Niveau des Vorjahres liegen. Zwar fügt Paul Nemeth an, dass 2018 nicht ganz an die Zahlen von 2015 und 2016 heranreiche, aber vor fünf Jahren sei die Zahl der Straftaten noch deutlich darunter gelegen. Was er nicht erwähnt: Das Einkaufszentrum Mercaden ist auch erst im Herbst vor fünf Jahren eröffnet worden, erst seither besteht der ganze Bahnhofsvorplatz in seiner heutigen Form.

Das Viertel hat deutlich an Attraktivität gewonnen

Die Polizei erklärt die Häufung von Straftaten in diesem Bereich mit dem Neubau und der Sanierung des Areals. Das Viertel habe deutlich an Attraktivität gewonnen, teilt Peter Widenhorn mit. Der Bahnhof wird dem Präsidiumssprecher zufolge täglich von 35 000 Menschen frequentiert, das Einkaufszentrum vermeldet 25 000 Besucher am Tag. Personen und Gruppen „ganz unterschiedlicher Prägung“ würden den Bereich als Treffpunkt und Aufenthaltsort nutzen. „In der Summe führt dies dazu, dass das Bahnhofsviertel hinsichtlich der Anzahl der Ordnungsstörungen und des Straftatenaufkommens im Vergleich zu anderen städtischen Bereichen stärker belastet ist“, teilt er mit.

Mehr Kontrolle und Überwachung

Vor allem im Vergleich der Jahre 2014 und 2015 zeigt sich diese Entwicklung: Die Zahl der Straftaten stieg von 574 auf 837 und im Folgejahr noch einmal auf 875 an. Das Polizeirevier Böblingen habe im Frühjahr 2016 mit „einer deutlichen Intensivierung der Kontroll- und Überwachungstätigkeit reagiert“, teilt der Präsidiumssprecher weiter mit.

Außerdem wurde ein Einsatzkonzept mit der Bundespolizei, der Bahn, dem Management der Mercaden und dem städtischen Ordnungsdienst entwickelt. Im Jahr 2017 seien die registrierten Straftaten im Bahnhofsviertel dann um fast 13 Prozent auf 762 zurückgegangen. Und 2018 wurden nur neun Fälle mehr registriert als im Vorjahr – wobei die Diebstähle mit 285 Delikten den größten Anteil davon ausmachten. Zugenommen haben die sexuellen Belästigungen „bei geringen Zahlen“ von vier auf zehn Delikten. Die Polizei nahm mit 139 Körperverletzungen ungefähr so viele wie 2017 auf. Und die Rauschgiftdelikte sind seit 2015 von 111 auf 77 kontinuierlich gesunken.

Da sich Ordnungsstörungen „nicht unerheblich auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung auswirken“, versuche die Polizei außerdem mit hohem Kontrolldruck, potenzielle Störer zu verdrängen. Laut Peter Widenhorn scheint die Strategie aufzugehen: Die Zahl der Ordnungsstörungen lag im ersten Halbjahr 2018 bei 170 und im zweiten bei 99.