Schon vor über 20 Jahren wurde viel Geld in der Amateurfußball gesteckt, ging es aus folgte der tiefe Fall. Foto: imago images/MIS

Der soeben ausgestiegen Landesliga-Titelanwärter ist nicht der erste Ambitionierte, der in finanzielle Schieflage gerät. Einer musste sich sogar als „größte Geldvernichtungsmaschine“ bezichtigen lassen.

Anfang dieser Woche ist der große Knall erfolgt: Der ursprüngliche Titelfavorit JC Donzdorf zieht sich aus der Fußball-Landesliga zurück. Nicht das erste Mal, dass ein Verein wegen finanzieller Schwierigkeiten die Reißleine ziehen muss. Ein Blick auf frühere Beispiele des württembergischen Amateurfußballs.

 

Spvgg Au/Iller. Trotz des Rückzuges ihres damaligen Hauptsponsors gelang der Spvgg Au 2008 der erneute Sprung in die Oberliga. Danach folgte der freie Fall. Nach nur einem Jahr stieg der Verein als Vorletzter und hoch verschuldet wieder ab. Sämtliche Spieler gingen, nur mit einem Kraftakt wurde kurzfristig doch noch eine Mannschaft für die Verbandsliga gemeldet. Weil der Illertal-Club aber falsche Angaben bei der Beantragung von Spielerpässen machte, wurden per Sportgerichts-Urteil die beiden bis dahin errungenen Siege in 0:3-Niederlagen umgewandelt sowie eine Strafe von minus vier Zählern verhängt. Der Verein musste zudem 1500 Euro zahlen. Mit einem einzigen Punkt und 26:112 Toren stieg Au letztlich in die Landesliga ab. Nach chaotischen Monaten mit einem Trainerrücktritt, erneuten finanziellen Streitigkeiten sowie einem Trainingsstreik der Mannschaft, entschieden die Verantwortlichen Ende 2010, in der Rückrunde nicht mehr anzutreten.

Bis zur Saison 2021/2022 spielte der Verein dann ununterbrochen in der Kreisliga A Donau/Iller, ehe die Mannschaft nach dreimaligem Nichtantritt komplett aus dem Spielbetrieb genommen wurde. Mittlerweile das Comeback: Nach eineinhalb Jahren ohne aktiven Fußball meldete die Spvgg Au zur aktuellen Runde eine Mannschaft in der Kreisliga B.

NAFI Stuttgart. Komplett verschwunden sind derweil die Wahl-Zuffenhausener, die 2014 überraschend die deutsche Meisterschaft im Futsal gewannen. In seinem zweiten Landesliga-Jahr war NAFI Stuttgart 2018/2019 nach einer starken Hinrunde und mit prominent bestücktem Kader Tabellenzweiter. Jedoch: In der Rückrunde folgte mit Platz elf nicht nur die sportliche Talfahrt. Vereinsinterne Streitigkeiten und ausbleibende Gehaltszahlungen führten dazu, dass der Verein weder für die darauffolgende Landesliga- noch Bezirksligasaison meldete. Mehr: die Verantwortlichen des türkischstämmigen Clubs entschieden, nachdem Kooperationsgespräche mit dem FC Esslingen und Türkspor Stuttgart gescheitert waren, den Laden dichtzumachen. Ein Spielbetrieb findet bis heute nicht mehr statt. FC Victoria Schwäbisch Gmünd. In die zweite Liga wollte der FC Victoria Schwäbisch Gmünd, und für diesen Traum investierte ein Bauunternehmer reichlich. Ex-Profis wie Ralf Allgöwer lockten bis zu 3000 Fans an. Später kamen vor allem ehemalige Profis aus dem Balkan. Zeitweise trainierten 14 Vollprofis zweimal täglich. Über die vermeintliche Zwischenstation Verbandsliga kam der Verein jedoch nie hinaus. Trotz des hochkarätig besetzten Kaders folgte der Abstieg in die Landesliga. Eine Fusion, über die im Umfeld spekuliert wurde, schloss der damals ebenfalls finanziell angeschlagene Lokalrivale 1. FC Normannia Gmünd mit markigen Worten aus: „Die Victoria ist die größte Geldvernichtungsmaschine überhaupt.“

Während die Normannia die Kurve bekam und mittlerweile in der Oberliga angekommen ist, kam es für den als Skandalclub verschrienen FC Victoria knüppeldick: Das Finanzamt wurde aufmerksam, dem Verein wurde kurzfristig die Gemeinnützigkeit aberkannt und die Verpflichtung ausländischer Spieler per Sportvisum untersagt. Im Februar 2002 reichten die Verantwortlichen schließlich die Abmeldung beim Verband ein. Wegen fehlender Jugendmannschaften hatten sie unter anderem eben beim Verband Schulden in Höhe von annähernd 5000 Euro angehäuft. Kurz darauf löste die Mitgliederversammlung den Verein auf.

VfR Heilbronn. Alter Name, neuer Verein: Denn was beim heutigen Verbandsligisten nach alten Zweiligajahren klingt, ist in Wahrheit ein völlig neues Konstrukt. Nach dem Oberliga-Abstieg 2002 musste der 1896 im Heilbronner Lokal „Zur Hopfenblüte“ gegründete Fußballclub, der nach mehreren Fusionen erst 1920 seinen auch heute noch bekannten Namen erhielt, Insolvenz anmelden. Die Verbindlichkeiten sollen sich auf mindestens 300 000 Euro belaufen haben. Im Anschluss folgte die Fusion mit der Heilbronner Spvgg zum FC Heilbronn 07/96. Nachdem Altschulden des VfR in Höhe von 65 000 Euro weiterhin nicht beglichen werden konnten, kam es zum erneuten Crash – und der Verschmelzung mit dem Erzfeind von der anderen Neckarseite, dem FV Union Böckingen. Der so entstandene Doppel-Fusionsverein FC Union Heilbronn stürzte bis in die Kreisliga A ab.

2018 gründete eine Gruppe um den noch heute amtierenden Vorsitzenden Onur Celik den Verein unter dem Namen VfR Heilbronn 96/18 neu. Sechs Jahre nach dem Start in der Kreisliga B gelang im vergangenen Sommer der bereits vierte Aufstieg, diesmal in die Verbandsliga. TSV Wäldenbronn-Esslingen. Mit der Unterstützung von reichlich Sponsorengeld wollte auch der TSV Wäldenbronn-Esslingen nach den Sternen greifen. Dem steilen Aufstieg folgte dann der tiefe Fall. Nach dem Rückzug des Geldgebers, eines regionalen Wurstfabrikanten, begann 1998 der schleichende Niedergang. Erst hatten es die Kicker aus dem Esslinger Norden von der Kreis- bis in die Oberliga geschafft. Nun ging es schrittweise den umgekehrten Weg. Der Tiefpunkt: In der Saison 2015/2016 zog der Verein die Mannschaft nach dem 16. Spieltag aus der Kreisliga A zurück und startete in der darauffolgenden Saison ganz unten – in der Kreisliga B. Und 2022 verschwanden die Esslinger dann kurzzeitig komplett von der Aktivenfußball-Bildfläche: Nach einigen internen Kontroversen sah sich der Verein gezwungen, auf eine Mannschaftsmeldung zu verzichten.

Der Neuaufbau dauerte jedoch nur ein Jahr. Zur Saison 2023/2024 kehrte der 1939 gegründete Verein wieder in den Männer-Spielbetrieb zurück.