Moritz Kappler, Kathrin Schneider und Geli Braun (von links) kümmern sich um den Abenteuerspielplatz. Foto: Nina Ayerle

Der Abi West ist vor 45 Jahren von Eltern etwas halblegitim gegründet worden. Inzwischen ist der Platz ein beliebter Ort, den auch Schulen gerne nutzen.

S-West - So richtig legalisiert war der „ABI West“ anfangs ja nicht – zumindest nicht so offiziell und von der Stadt genehmigt. Irgendwann hat die Stadtverwaltung einfach akzeptiert, dass der Platz nun den Kindern gehört – das hat sich in den letzten 45 Jahren nicht mehr geändert. Am 23. September feiert der Abenteuerspielplatz West bereits den 45. Geburtstag. Anlässlich des stolzen Alters beteiligt man sich mit einem Jahrmarkt an dem Fest „Schätze des Westens“.

Einst war der Spielplatz ein eher halblegales Konstrukt

Der Abenteuerspielplatz an der Schwabstraße 97 wurde einst von Eltern und Bürgern aus dem Stadtbezirk, die sich zu der Initiative „Kinder im Westen“ formiert hatten, gegründet. Im Prinzip hatten Eltern den Platz besetzt und einen Spielplatz gebaut. Ihr Ziel: Mehr Platz für die Kinder zum Spielen und Toben im Freien mitten in der Stadt zu schaffen. Ein Platz, an dem sie kommen und gehen können, wie sie wollen. Das Moltke-Areal lag damals, 1972 war das, brach und war deshalb der richtige Ort dafür.

Die Bürger im Westen waren aber nicht die einzigen, die sich freie Plätze für ihre Kinder wünschten. Eine ganze Bewegung in der Stadt war das damals. Angesichts dieses Wildwuchses sah man sich im Rathaus dann doch unter Zugzwang und entschied, dass die Plätze zumindest von einem eingetragenen Verein betreut werden müssten. Im Westen hatte man trotzdem jahrelang nur eine Art Duldungsvertrag, der Abi West hätte täglich geschlossen werden können.

Der Spielplatz ist bei allen im Westen gut angesehen

Im Jahr 2003 wäre dies auch fast geschehen: Das Gelände wurde saniert, alle Gebäude wurden abgerissen. Die Zukunft des Abi war ungewiss. Nun hatte aber just in der Zeit der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster das hehre Wahlkampfziel gehabt, Stuttgart zur kinderfreundlichsten Stadt zu machen. Die Schließung eines beliebten Abenteuerspielplatzes passte so gar nicht zu dieser Idee. Kurzum: der Abi West durfte bleiben, 2005 bekam man sogar ein neues Haus an einem anderen Platz des Geländes.

Der Verein Bürgerinitiative Platz für Kinder besteht heute noch und verwaltet den Platz – auch wenn der Abenteuerspielplatz zumindest formall in die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft integriert wurde. Die Stellen der Mitarbeiter des Abi sind zumindest dort angemeldet, der Verein verwaltet den Platz aber autonom. Dass es den Platz nach 45 Jahren noch gibt, ist für die Vorsitzende Katrin Schneider „ein Grund zum Feiern“. Die 49-Jährige kam über ihren Sohn zum Abenteuerspielplatz. „Der Verein war damals etwas schwach auf der Brust, der Bedarf nach Engagierten war wirklich groß.“ Seit etwa vier Jahren ist Schneider nun die Vorsitzende, hat den Verein neu aufgestellt. Im Moment wachse man, sagt sie. „Wir haben hier im Westen auch einen guten Stand.“ Aber sie hat das Gefühl, der Einsatz der Ehrenamtlichen werde nicht ganz so „honoriert“. Das heißt konkret: Man verlasse sich aus ihrer Sicht bei der Stadt manchmal etwas zu arg darauf, dass ehrenamtliches Engagement einiges auffängt. Längst könnte der Abi West noch eine weitere, hauptamtliche Stelle dringend gebrauchen – vor allem seit durch die Ganztagesschulen der Mehraufwand erheblich ist.

Vor ein paar Jahren habe es einen Aufruf gegeben, in welche Richtung sich die Abenteuerspielplätze denn entwickeln sollen, erzählt Schneider. „Der Schwerpunkt wurde damals auf Schulkooperationen festgelegt.“ Die Nachfrage ist seitdem immens gestiegen. Fast alle Grundschulen im Westen haben eine Kooperation mit dem Abi, besonders intensiv sei diese zur Falkert- und zur Schwabschule, sagt Moritz Kappler. Was man sich deshalb wünscht? Etwas mehr Unterstützung beim Stemmen der Betriebskosten, sagt der Sozialpädagoge. Und Schneider ergänzt: „Die Kinder haben bei uns eine wichtige Abwechslung zu ihrem Schulalltag.“

Der soziale und kulturelle Hintergrund spielt auf dem Abi keine Rolle

Und was den Abi West eben auch ausmacht, ist die Begegnung von Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 14 Jahren aus den unterschiedlichsten Schichten. Respekt wird „gelehrt und gelebt“ – so das Motto. Egal, welchem sozialen und kulturellen Hintergrund die Kinder angehören, beim Skateworkshop, im Garten, an der Tischtennisplatte sind alle gleich.

Seit zwei Jahren sind auf dem Abi West viele neue Kinder dabei. Um die 20 geflüchtete Kinder sind inzwischen Stammgäste. Ein Problem ist das laut Kappler nicht: „Sie haben hier alle schnell Freundschaften geschlossen. Die Integration klappt total super.“ Auch für die geflüchteten Kinder ist der Abi ein wichtiger Platz geworden, wo sie frei spielen und toben können. Es gebe auch wenig Streitigkeiten, der Umgangston sei sogar insgesamt angenehmer geworden. „Früher war der tatsächlich etwas rauer hier“, sagt Kappler.