Das älteste Weinberghäuschen im Südwesten stammt aus dem Jahr 1513. Frank-Walter Schilling ist der stolze Besitzer. Foto: Schilling

Die Weinberghäuschen, Teil des das Landschaftsbild prägenden Kulturerbes, erfahren nicht immer die gebührende Wertschätzung.

Heilbronn - Denkmalschützer wissen es schon lange: Nicht einmal die historisch bedeutenden Weinberghäuschen im Land sind in irgendeiner Weise erfasst. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz an den FDP-Landtagsabgeordneten und Heilbronner Stadtrat Nico Weinmann hervor.

Die Antwort des Ministeriums ist bemerkenswert. Denn die Feststellung, es gebe in Württemberg, verglichen mit anderen deutschen Weinanbaugebieten, noch immer eine hohe Zahl an Weinberghäuschen, treffe nicht ganz zu. Joachim Hennze, der Leiter der Unteren Denkmalbehörde in Heilbronn, hat sich intensiv mit deren Geschichte befasst. In der Heilbronner Weinlandschaft steht das nachgewiesen älteste Häuschen des Südwestens. Um das Jahr 1513 diente es als „Kriegswarte“, von seiner Höhenlage am südlichen Wartberg spähte man nach dem Feind, später wurden in dem mit Wappen und Inschriften verzierten Steinhaus prominente Persönlichkeiten empfangen, darunter der Dichter Justinus Kerner sowie der Theologe David Friedrich Strauß. Von Anfang an in Familienbesitz, hat es der heutige Hausherr, Frank Schilling, zum 500. Geburtstag saniert, Hennze hat das Ganze dokumentiert.

Das Unterland kann vom Remstal lernen

Er verweist darauf, dass Württemberg, Franken, aber auch die Weinbaugebiete in den neuen Bundesländern nach denselben denkmalpflegerischen Kriterien mit ihren Weinberghäuschen umgehen. Sehr viel mehr solcher Gebäude gebe es noch an Saale, Elbe und Unstruth oder auch an Rhein oder Main. Auch rheinhessische „Wingertshäuschen“ gibt es unzählige, gestaltet als Gartenlauben, Türme oder wie apulische Rundhäuser, sogenannte Trulli. Sie sind Ziele für Wanderer, so wie hierzulande das Weinberghäusle in Uhlbach, an dem vorbei man von Obertürkheim nach Untertürkheim wandert. Oder das der Heuchelberg-Wengerter in Neipperg, wo man neben einem Traumblick ins Zabergäu an Wochenenden auch ein Vesper und den Wein des Wengerters bekommt, der gerade als „Wirt“ dran ist. Die WG Heilbronn-Erlenbach-Weinsberg hat auf ihrem Gelände den Aushub ihres Neubaus in einen kleinen Weinberg verwandelt, darauf ein architektonisch anspruchsvolles Häuschen gesetzt und dafür den Weintourismus-Preis 2016 erhalten.

Davon, wie man im Remstal Weinberghäusle touristisch vermarktet, kann man im Unterland noch lernen. Das ist auch der Hintergrund von Weinmanns Anfrage. Er bemüht sich – auch als Vorsitzender des Verkehrsvereins – mit Heilbronner Wengertern die Weinberghäuschen, beispielsweise an dem mit Skulpturen des 20. Jahrhunderts versehenen Weinpanoramaweg am Wartberg, touristisch so weit auf Vordermann zu bringen, dass die Heilbronner Weinberge zum diesjährigen 125-Jahr-Jubiläum und danach auch für die Bundesgartenschau 2019 eine Attraktion sein werden. Wer die Heilbronner Weinberge durchstreift, bekommt bis heute nicht mal ein Glas Wasser.

Viele Häuschen werden Opfer von Vadalismus

Wo immer Weinberghäuschen stünden, wirkten sie landschaftsprägend, diesen Aspekt will Weinmann bewusster machen. Ihren ursprünglichen Zweck der Aufbewahrung von Geräten, als Unterstand oder um Wasser zu sammeln, haben sie längst nicht mehr, sie sind auch nicht mehr Orte gehobener bürgerlicher Lebensformen und dabei alles andere als spießige Gartenlauben. Heute werden sie immer wieder illegal für nächtliche Feiern genutzt – danach musste schon so mancher Wengerter das Häuschen aufgeben, weil es erheblich beschädigt war – wenn es nicht schon zuvor der Flurbereinigung zum Opfer gefallen ist.

Neben dem Schillingschen Weinberghäuschen stehen noch drei weitere unter Denkmalschutz. Sie können es mit dem Ludwigsburger Weinberghaus von Thouret von 1795 genauso aufnehmen wie mit dem, das der Deutschorden 1770 in den Gundelsheimer Michaelsberg gebaut hat, oder dem bei Bruchsal, in dem das vermutlich kleinste Museum des Landes untergebracht ist. Weinmann will erreichen, dass dieses Kulturerbe bei all seinen regionalen Unterschieden wieder mehr wertgeschätzt wird.

Das Ministerium verweist auf den Denkmalschutz

Das Echo auf seine Anfrage sei vielfältig gewesen, auch im Badischen, erzählt Weinmann. Enttäuschender sei das Echo aus dem Ministerium. Hier denkt man nicht an ein spezielles Programm zur Erhaltung der privaten Weinberghäuschen, sondern verweist auf die Förderung der Weinbausteillagen. Damit würde ein Beitrag zur Erhaltung dieser gewachsenen Kulturlandschaften geleistet, der sich indirekt auch auf die Erhaltung der Weinbergshäuschen in diesen Lagen auswirke. Ansonsten wird auf den Denkmalschutz verwiesen. Dieser sei, sagt Hennze, auch dann gegeben, wenn so ein Häuschen als historischer Treffpunkt gedient habe. Darunter fiele dann auch das der IHK gehörende Stuttgarter Weinberghäuschen, das mit seinen legendären Zusammenkünften im Zusammenhang mit Stuttgart 21 bundesweit Schlagzeilen gemacht hat.