Noch lautet die Adresse des MAN-Stahlhauses Oberwiesenstraße 8. Foto: Eveline Blohmer

Das denkmalgeschützte Haus an der Oberwiesenstraße könnte künftig im Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen stehen. Dafür macht der landtägliche Petitionsausschuss den Weg frei – indem er eine Ausnahme vom Stillhalteabkommen bewilligt.

Sillenbuch - Es kommt Bewegung in die Sache – im übertragenen und wohl sogar im wörtlichen Sinn. Denn das MAN-Stahlhaus wird allem Anschein nach versetzt: von der Sillenbucher Oberwiesenstraße ins Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen. Damit wäre das denkmalgeschützte, aber dem Abriss geweihte Haus gerettet. Doch seine Nachbarn und treusten Fürsprecher, Alexander Prinz von Ratibor und Corvey und dessen Frau Simone, sind unzufrieden.

„Natürlich ist eine Translozierung besser als der Abriss“, sagt Ratibor zu der möglichen Versetzung, „aber erst, wenn alles geprüft wurde“. Er bezieht sich auf die Petition, die seine Frau und er beim Landtag eingereicht haben. Darin fordern sie die Rücknahme der Abrissgenehmigung und eine genaue Untersuchung des Hauses, da bislang nur ein oberflächliches Gutachten erstellt worden sei.

Sillhalteabkommen reiner „Goodwill“

Das Ehepaar Ratibor hatte auf das Stillhalteabkommen zwischen Landtag und Regierung gezählt, das besagt, dass während laufenden Petitionen nichts geschehen darf. Nun hat das Paar Post bekommen: Im Schreiben von Beate Böhlen (Grüne), Vorsitzende des landtäglichen Petitionsausschusses, steht, die Stadt Stuttgart habe eine Ausnahme vom Stillhalteabkommen beantragt und unterstütze den Wunsch des Grundstückseigentümers, das Gebäude zu versetzen. Außerdem ist zu lesen, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau befürworte dieses Begehren.

Auf Nachfrage sagt Beate Böhlen, dass sie keine Bedenken geltend machen werde. Das heißt, sie erteilt die Ausnahme vom Stillhalteabkommen. Ohnehin seien, so Böhlen, Kommunen nicht an das Abkommen gebunden, es sei bei kommunalen Geschichten reiner „Goodwill“. Außerdem stünde in der Petition nichts von einem Erhalt vor Ort, sagt Böhlen.

Denkmalschutzbehörde ist dafür

Damit der Ausschuss endgültig über Ratibors Petition entscheiden kann, muss das Ministerium noch eine abschließende Stellungnahme liefern. Aber das scheint eine reine Formalität. Denn schon jetzt teilt das Ministerium mit, es sei der Auffassung, dass dem Eigentümer der Rechtsanspruch auf Abriss beziehungsweise Translozierung des Gebäudes nicht verwehrt werden könne, weil er alle dafür nötigen Auflagen erfüllt habe. Zur Erinnerung: Die Singer Wohnbau GmbH und die Gräber Bau- und Betreuungsgesellschaft mbH planen zwischen der Oberwiesen- und der Eduard-Steinle-Straße vier Gebäude mit 18 Eigentumswohnungen. Weil aber im Herbst 2015 der Denkmalcharakter des MAN-Stahlhauses festgestellt wurde, erhielt der Bauträger gewisse Auflagen, die es vor Abriss oder Versetzung zu erfüllen galt.

Eine Sanierung hätte nach Einschätzung eines Gutachtens dazu geführt, dass das Haus seine Denkmaleigenschaft eingebüßt hätte. Das sieht auch Herbert Medek so: „Das Haus muss saniert werden. Durch eine Sanierung hätte es aber seinen frischgewonnenen Denkmalcharakter sofort wieder verloren“, sagt der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde. Er bewertet eine Versetzung des 1950 von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) gefertigten Hauses nach Wackershofen als „gute Fügung“, weil damit die Möglichkeit bestünde, das Haus zu erhalten und vielen Menschen zugängig zu machen. Gegen den Vorwurf Ratibors, die Denkmalschützer hätten dem Bauträger in die Hände gespielt, verwehrt sich Medek „intensivst“: „Wir machen keine Investorenarbeit.“

Freilandmuseum steht in den Startlöchern

Im Interesse von Gert Clement, Geschäftsführer von Singer Wohnbau, ist jedenfalls die Entscheidung Beate Böhlens, das Stillhalteabkommen auszusetzen. Er habe ein hohes Interesse am Erhalt des Hauses – nur nicht an Ort und Stelle. Über mehrere Ecken sei er an Michael Happe verwiesen worden. Und der Leiter des Hohenloher Freilandmuseums Wackershofen sei schnell Feuer und Flamme gewesen.

Happes Interesse ist aber nicht bedingungslos: „Wenn die Petition durchkommt, ziehen wir uns zurück.“ Er sei generell nur an Objekten interessiert, wenn bloß noch zwei Möglichkeiten bleiben: der Abriss oder die Versetzung ins Museum. Dass es auf Letzteres hinausläuft, hat Happe schon als „mündliche Info aus dritter Hand“ bekommen, das reiche ihm aber nicht. Der Museumsleiter klingt nicht so, als warte er noch lange: „Wir sind in den Startlöchern.“ Auch Herbert Medek sagt: „Wir haben eine Ausnahme vom Stillhalteabkommen beantragt, weil für eine Translozierung auch Vorbereitungen notwendig sind. Wenn Wackershofen gesagt hätte, sie warten noch ein halbes Jahr, hätten wir auch gewartet.“

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