Baden-Württembergs zweitältestes Dorfhaus an der Linsenhofer Straße 4 und 6wird saniert. Foto: Max Kovalenko

Der Coup ist gelungen: Die Gemeinde Beuren (Kreis Esslingen) hat mit der Idee, ein halb verfallenes denkmalgeschütztes Gebäude zu verschenken, für einiges Aufsehen gesorgt. Nun hat sie damit Käufer für gleich drei solcher Häuser gefunden.

Beuren - Der alte Ortskern der Gemeinde am Fuß der Schwäbischen Alb mit 3500 Einwohnern ist ausgesprochen malerisch: Nirgends in ganz Baden-Württemberg stehen die Denkmale dichter als dort. Doch so stolz man am Albtrauf auf die historische Bausubstanz ist, so sehr bereitet sie auch Sorgen: Von den insgesamt 60 geschützten Gebäuden sind einige so marode, dass sie einsturzgefährdet sind. Ein Teil davon ist in privater Hand, der Gemeinde sind bei diesen Immobilien die Hände gebunden. Doch für jene im eigenen Besitz wurden seit Jahren Investoren gesucht.

Vor der Sommerpause hatten Bürgermeister Erich Hartmann und der Gemeinderat dann die zündende Idee: Eines der maroden Gebäude mit der Adresse Linsenhofer Straße 4 und 6 wurde als Geschenk ausgeschrieben. Einzige Auflage: Der neue Besitzer sollte ein schlüssiges Sanierungs- und Nutzungskonzept vorlegen. „Es war unser letzter Hilfeschrei aus der Frustration heraus“, sagt jetzt der Bürgermeister. Und der Schrei wurde gehört.

„Erst im Laufe der Zeit kamen ernstzunehmende Interessenten“

Zunächst allerdings rannten Schnäppchenjäger und Spekulanten die Beurener Rathaustüre ein. „Erst im Laufe der Zeit kamen ernstzunehmende Interessenten.“ Bis Ende Oktober lief die Bewerbungsfrist, am 20. November sondierte der Gemeinderat die Bewerbungen. Favorisiert wurden private Interessenten, die das Gebäude selbst nutzen wollen. „Und solche, bei denen Herzblut hinter der Sanierung steckt“, sagt Hartmann. Ein Pluspunkt war auch, wenn jemand schon Erfahrung mit der Sanierung historischer Bausubstanz hatte und die Schwierigkeiten abschätzen konnte.

Inzwischen hat ein privater Interessent den Zuschlag bekommen. Er verzichtet aber freiwillig darauf, das Haus als Geschenk zu bekommen. Denn seit Anfang des Jahres ist Beuren nun zum dritten Mal im Landessanierungsprogramm. Für die Sanierung gibt es deshalb einen Zuschuss der Gemeinde, der dem Wert des Gebäudes (rund 80.000 Euro) entspricht. Darüber hinaus fließt aber noch ein Zuschuss des Landes in der Größenordnung von 120.000 Euro.

Dachstuhl nahezu original erhalten

Das Doppelhaus wurde im Jahr 1397 gebaut und nachträglich immer wieder durch Anbauten erweitert. Der Dachstuhl ist nahezu original erhalten. Im Obergeschoss waren früher Wohnungen, im Erdgeschoss eine Werkstatt. Besonders freut sich Bürgermeister Hartmann, dass sich über die Aktion auch noch ein Investor für das alte Schulhaus sowie das alte Bürgermeisterhaus im sanierten Ortskern bei Kirche und Rathaus gefunden hat. Einem weiteren Bewerber wurde der Zuschlag für das älteste Firstständerhaus Baden-Württembergs gegeben. Verträge mit den neuen Besitzern werden aber erst unterschrieben, wenn sie konkrete Pläne eingereicht haben und diese genehmigt sind.

Weniger Sorgen macht sich Hartmann um den alten Farrenstall, der noch keinen Nutzer gefunden hat. Mit einem Grundstück von 12 Ar – was in dieser Größe bei historischen Bauten selten ist – dürfte sich bestimmt jemand finden. Hartmann kann sich dort etwa eine Gaststätte mit Außenbewirtschaftung bestens vorstellen. An Gästen dürfte es nicht mangeln: Beuren ist mit dem Freilichtmuseum und der Therme ein Magnet für Touristen. Fast die gesamte Ortsmarkung gehört zum Biosphärengebiet Schwäbische Alb.