Einen Prototyp für den Mundschutz gibt es schon. Foto: Christian Flemming/oh

Textilexperten der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) in Denkendorf wollen hochpräzise Webtechnik für Medizinprodukte nutzbar machen. Mehrere Hersteller sind daran beteiligt.

Denkendorf - Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) in Denkendorf arbeiten derzeit an der Entwicklung von wiederverwendbaren medizinischen Gesichtsmasken. Das soll helfen, in Zukunft besser für Lieferengpässe gewappnet zu sein. Auch Tragekomfort und Sicherheit der Masken sollen verbessert werden. Wie das Denkendorfer Unternehmen mitteilt, war das Projekt durch den Webmaschinenhersteller Lindauer Dornier angestoßen worden.

Basis für die sogenannten One Piece Masks ist eine präzise Luftdüsen-Webtechnik. Das Forschungsprojekt schaffe die Voraussetzungen, um innerhalb von vier bis sechs Monaten die Entwicklung, Prüfung, Zulassung und Produktion sowie den Reinigungsservice für die wiederverwendbaren medizinischen Gesichtsmasken aufzubauen. Das soll zusammen mit Industriepartnern aus der Region und dem Hohenstein Institut für Textilinnovation gGmbH geschehen, teilten die DITF mit. Das Vorhaben sei zusammen mit zwei weiteren Corona-Projekten aus 120 landesweit eingereichten Anträgen ausgewählt worden, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau unterstützt die Forschung mit 195 000 Euro.

Versorgungssituation hat sich stabilisiert

Die Versorgungssituation mit medizinischen Gesichtsmasken habe sich inzwischen stabilisiert, es bestehe keine akute Notfallsituation mehr wie noch zu Beginn der Corona-Pandemie, so die DITF. Dennoch sei der Mund-Nasen-Schutz (MNS) weiterhin ein knappes Gut und die Versorgungslage extrem angespannt. Um Lieferengpässe für die Zukunft zu vermeiden, seien pragmatische Lösungen gefragt, die eine Versorgung in Baden-Württemberg gewährleisten und das Land unabhängig von Lieferungen aus Asien machen. Gleichzeitig gelte es, bei der Entwicklung neuer Masken den Tragekomfort und die Schutzfunktion zu verbessern.

Für einen möglichst vollständigen Schutz müssen die Masken im Wangenbereich komfortabel und dicht anliegen, so die Mitteilung. Dabei gebe es noch erhebliches Optimierungspotenzial. Zusätzlich müssten Anforderungen hinsichtlich der Luftdurchlässigkeit und mikrobiellen Abscheideleistung erfüllt werden. Auch ökologische Aspekte, die gegen den Einsatz von Einwegprodukten sprechen, seien zu berücksichtigen. Das nun bewilligte Projekt unter Leitung von Hans Jürgen Bauder, Bereichsleiter Webtechnologien an den DITF, soll keinen sogenannten Meltblow-Vliesstoff verwenden wie bei gängigen Schutzmasken, sondern leistungsfähigem Präzisionsgewebe in Jacquard-Webtechnik. Das Herstellungskonzept sehe flexibel anpassbare Masken mit deutlich verbessertem Tragekomfort und damit auch höherer Schutzfunktion vor.

Sechs bis acht Cent pro Maske

Laut DITF liegen die Herstellungskosten nach einer ersten Kalkulation bei sechs bis acht Cent pro Maske und bieten damit eine realistische Grundlage für die Massenproduktion. „Für das ambitionierte Vorhaben nutzen die DITF modernste Technik verbundener Textilmaschinenbauer und Textilhersteller“, so das Unternehmen. Die Luftdüsenwebmaschinen, die dafür gebraucht werden, stellt Lindauer Dornier zur Verfügung, die Schweizer Stäubli AG ist Projektpartner für die Jacquardwebtechnik. Für die aufwendige Herstellung des Kettbaums und das Einziehen der Kettfäden hat Global Safety Textiles Unterstützung zugesagt. Die Firma TWD-Fibres liefert für die Prototypen und die Anlaufproduktion antimikrobielle Filamentgarne und Texturgarne. Parallel werden aus den DITF-Technika voraussichtlich auch sogenannte Splittfasern eingesetzt, die fast so fein sind wie die Fasern für herkömmliche Masken aus Meltblow-Vliesstoff.

Die medizinischen Gesichtsmasken müssen nicht steril sein, aber zwingend keimarm. Deshalb haben die DITF auch das Reinigungsunternehmen Textilpflege Mayer ins Boot geholt, das sich dieser Aufgabe annimmt und für die Bewertung der Masken mit dem Ortenau Klinikum in Offenburg zusammenarbeitet. Die Prüfung der Masken führt das Hohenstein Institut für Textilinnovation gGmbH durch.

Fokus im technischen Design

Wie die DITF mitteilen, liegt der Fokus im technischen Design der gewebten Gesichtsmaske. Dieses soll den 15 Textilunternehmen in Europa mit den entsprechenden Webmaschinen zur Verfügung gestellt werden. Die Fertigungseinstellungen der an den DITF entwickelten Masken können sofort auf bestehende Produktionsanlagen übertragen werden. Damit seien die 15 Webereien kurzfristig in der Lage, zusammen über zwei Millionen Masken pro Tag herzustellen. „Ein nennenswerter Beitrag für die weitere Stabilisierung der Versorgungslage mit Schutzmasken“, sind die DITF überzeugt.