Demonstranten fordern vor der Türkischen Botschaft in Berlin die Freilassung des deutschen Journalisten Deniz Yücel. Foto: dpa

Seit Montag sitzt der „Welt“-Korrespondent Yücel in Untersuchungshaft. Die Bundesregierung dringt auf eine schnelle Freilassung. Die EU-Kommission verknüpft den Fall mit dem EU-Beitritt der Türkei.

Istanbul/Berlin - Die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel in der Türkei sorgt weiter für Empörung. Die Bundesregierung bekräftigte am Mittwoch ihre Erwartung, dass Yücel so bald wie möglich wieder freikomme. Der Korrespondent der Tageszeitung „Die Welt“ habe sich freiwillig der türkischen Justiz gestellt, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Schon deshalb sei es völlig unverhältnismäßig, ihn in Untersuchungshaft zu nehmen. Auch die EU-Kommission beschäftigte sich mit dem Fall.

Deniz Yücel soll wissen, wir denken an ihn“, sagte Seibert. Man setze sich auf allen diplomatischen Kanälen für den Korrespondenten ein. Die Bundesregierung dringe darauf, dass Konsularbeamte Yücel umfassend betreuen können. Der Journalist hat die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft. Seibert verwies darauf, dass sechs weitere deutsche Staatsbürger teils aufgrund unklarer Vorwürfe in der Türkei inhaftiert sind. „Es darf nicht sein, dass Menschen einfach so auf längere Zeit in Gefängnissen verschwinden“, sagte Seibert.

EU-Kommission ist ernsthaft besorgt

Die EU-Kommission verknüpfte den Fall Yücel mit dem möglichen EU-Beitritt der Türkei. Als Beitrittskandidat müsse das Land „die höchsten demokratischen Standards und Praktiken erfüllen“, erklärte eine Sprecherin in Brüssel auf Anfrage. Die EU-Kommission sei „ernsthaft besorgt über die Inhaftierung einer hohen Zahl von Journalisten und die selektive und willkürliche Anwendung der Anti-Terror-Gesetzgebung“. In der Türkei sitzen derzeit nach Angaben der Online-Plattform P24 155 Journalisten und Medienmitarbeiter im Gefängnis.

Wie genau Brüssel Druck auf Ankara macht, erläuterte die Kommission nicht. Die EU-Beitrittsgespräche sind seit dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei und der harten Reaktion unter Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht ausgesetzt worden, allerdings wurden auch keine neuen Verhandlungskapitel aufgeschlagen.

Die Bundesregierung machte in diesem Zusammenhang keine konkreten Angaben, verwies aber auf die beschädigten deutsch-türkischen Beziehungen. Nach der Verhaftung Yücels wird derzeit über ein Einreiseverbot für den türkischen Staatspräsidenten Erdogan in Deutschland diskutiert. Regierungssprecher Seibert wiederholte, dass es derzeit keine Anfrage für einen Besuch Erdogans gebe. Auch eine Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Türkei sei nicht geplant.

Yücel wurde in ein anderes Gefängnis verlegt

Dem 43-Jährigen werden Terrorproganda und Volksverhetzung vorgeworfen. Der „Welt“-Korrespondent hatte sich am 14. Februar freiwillig der Polizei gestellt, ein Haftrichter hatte am Montag entschieden, dass der Journalist in Untersuchungshaft kommt. Nachdem Yücel zunächst ins Istanbuler Gefägnis Metris kam, ist er am Mittwoch in das Gefängnis in Silivri, das rund 80 Kilometer westlich von Istanbul liegt, verlegt worden. „Dort dürfte er seine weitere Untersuchungshaft verbringen“, berichtete die „Welt“. In der Haftanstalt sitzen zahlreiche weitere Journalisten ein.