Streik vor der Kaufhof-Filiale in der Stuttgarter Eberhardstraße Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Gegen einen niedrigeren Lohn haben am Donnerstag etwa 120 Angestellte von Galeria Kaufhof Karstadt in Stuttgart gestreikt. Auch in anderen Teilen Deutschlands rief Verdi zum Streik auf.

Stuttgart - Rund 120 Mitarbeiter von Galeria Kaufhof, Karstadt Sports und Karstadt Feinkost folgten am Donnerstag in Stuttgart dem Streikaufruf der Gewerkschaft Verdi. Mit dem Protest wollen die Arbeitnehmer Druck auf die laufende Tarifverhandlung ausüben. Im Zuge der bevorstehenden Verschmelzung von Kaufhof und Karstadt könnten Kaufhof-Angestellte monatlich rund zehn Prozent weniger verdienen, als es der aktuelle Flächentarifvertrag des Einzelhandels eigentlich vorsieht. Das kündigte Verdi während der Streikversammlung am Vormittag im Gewerkschaftshaus an. Galeria Kaufhof hatte im Februar die Bindung an den Tarifvertrag für den Einzelhandel aufgegeben.

Wütend auf den Arbeitgeber

Kurz nach 12 Uhr zogen die nach Gewerkschaftsangaben rund 150 Teilnehmer vom DGB-Haus über die Theodor-Heuss-Straße weiter zum Rotebühlplatz bis in die Eberhardstraße, um vor der Kaufhof-Filiale ihre Schlusskundgebung abzuhalten. Das Motto: „Weihnachten steht vor der Tür und wir auch.“

Silvia Schubert steht seit 30 Jahren bei Karstadt Feinkost hinter der Frischetheke, doch sie ist wütend auf ihren Arbeitgeber: „Es wird nur noch billiges Personal eingesetzt, das keine Lust hat.“ Ein Angestellter müsse inzwischen die Arbeit von Dreien machen, erzählt sie. Stellen würde man nicht neu besetzen. „Klar tut das weh, wenn wir dann noch weniger verdienen. Aber gerade die dünne Personaldecke belastet viele auch gesundheitlich. Wir haben viel Druck von oben.“ Früher sei das Geschäft mal familiär gewesen. „Aber das ist schon lange her“, sagt sie.

Verdi-Landesbezirksleiter Martin Gross verbildlicht die Umstände: „Leute haben an den Kassen ihre Einkäufe schon liegen lassen und sind gegangen, weil wir keine neue Kasse aufmachen konnten.“ Er warnt davor, dass die Kaufhof-Mitarbeiter nach dem Zusammenschluss der beiden Warenhäuser unter den gleichen schlechten Bedingungen arbeiten müssten wie bei Karstadt. Bereits im November hatten die Parteien deshalb miteinander verhandelt – bisher ohne Ergebnis.

Weniger Geld ist keine Option

Eine Gehaltssenkung lehnen die Beschäftigten ab, denn: „Den Kopf jetzt in den Sand zu stecken bringt nichts, dabei kann man uns immer noch in den Arsch treten!“ Das ruft Suzanna Tedesco den Angestellten zu, die sich vor der Kaufhof-Filiale in der Eberhardstraße versammelt haben. Verdi-Stuttgart Geschäftsführer Cuno Brune-Hägele stärkt den Demonstranten den Rücken: „Die roten Zahlen hat das Management zu verantworten, und wir werden die Misere nicht bezahlen.“

Laut Verdi komme man dem finanziell angeschlagenen Arbeitgeber schon bei Einschnitten im Weihnachts- und Urlaubsgeld entgegen. In einem Infoblatt für Kunden erklären die Streikenden auch, dass die Karstadt-Belegschaft bereits seit 2013 nicht mehr die vollen Leistungen des Flächentarifvertrags in Anspruch genommen habe. Auf der Gegenseite stehe ein Unternehmen, das es immer noch nicht geschafft habe, sich zu sanieren. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt Thomas Wanke, Vertriebschef von Galeria Kaufhof Karstadt mit: „Alle Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof sind trotz Streik geöffnet. Es ist bedauerlich, wenn stellenweise ein anderer Eindruck vermittelt wird. Wir freuen uns auf unsere Kundinnen und Kunden.“

Die beiden ehemals konkurrierenden Warenhäuser Kaufhof und Karstadt gehören seit Juni zur österreichischen Signa Holding. Erst am vergangenen Mittwoch hatte die Warenhaus-Kette zudem angekündigt den Sporthändler Sport-Scheck von der Otto Group zu übernehmen.