Die AfD protestierte auf dem Schillerplatz. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Samstag veranstaltete die AfD eine Demonstration in Stuttgart gegen die Impfpflicht. Das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ hatte zu einem Protest gegen Rassismus aufgerufen. Die Polizei konnte einen direkten Zusammenstoß verhindern.

Stuttgart - Getrennt von mehreren Hunderten an Polizisten demonstrierten am Samstagmittag in der Stuttgarter Innenstadt zwei Gruppierungen in unmittelbarer Nachbarschaft. Das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ hatte aufgerufen, auf dem Stauffenbergplatz die Kundgebung „Kein Platz für Rassismus in Stuttgart – für Solidarität und Respekt“ zu unterstützen, eine halbe Stunde später begann auf dem Schillerplatz die Versammlung des Stuttgarter Kreisverbandes der AfD, die zur Demo gegen die Impfpflicht eingeladen hatte.

Einen direkten Zusammenstoß beider Gruppen unterband die Polizei konsequent, indem sie die verschiedenen Zugänge zum Schillerplatz hermetisch abriegelte. So wurden einige Hundert Anhänger der linken Gruppen davon abgehalten, sich unter die ungefähr 150 Personen umfassende Zuhörerschaft auf dem Schillerplatz zu mischen und wie beabsichtigt die AfD-Veranstaltung zu „übertönen“. So blieb es bei lautstarken Parolen („Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“) von außerhalb und einer einzigen Festnahme nach einer Rangelei. „Insgesamt war es relativ ruhig“, sagte Polizeisprecher Stephan Widmann.

AfD-Politiker klar gegen Impfpflicht

Dass überhaupt so ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften nötig war, sei ausschließlich „der anderen Seite“ zuzuschreiben, fand Michael Mayer. Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Gemeinderat meinte gar: „Wegen uns müsste kein einziger Polizist hier heute Dienst tun.“ Wie auch Mayer wetterte der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz (Wahlkreis Emmendingen-Lahr) gegen die Einführung einer Impfpflicht gegen das Coronavirus. Diese „nur im Einzelfall hochgradig gefährliche Infektion“, behauptete Seitz, sei „keine Seuche“. Und die „nicht ausreichend erforschten, unsicheren Impfstoffe“ auch „völlig ungeeignet, das Virus auszurotten“. Deshalb, so Seitz, könne der Staat „gesunde Menschen nicht dazu zwingen, mit einer Impfung rein vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen“.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Das verbale Aggressionsverhalten nimmt zu

Eine Impfpflicht wäre erstens unverhältnismäßig und außerdem mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Auch das Infektionsschutzgesetz für bestimmte Berufsgruppen lehnt die AfD ab, weil es dem Gesetzgeber lediglich darum gehe, „den Nötigungsdruck auf jeden einzelnen zu erhöhen“. Die Regelung, die für manche einem Berufsverbot bedeute, „gehört sofort abgeschafft“, forderte Seitz.

Kritik an Medien

Dieser „Mut zur Wahrheit“, sogleich der Leitsatz der Veranstaltung, würde in der „Propaganda der Staatsmedien“ nicht mehr abgebildet, übte Mayer heftige Kritik an der Fernseh-, Radio und Zeitungsberichterstattung. Die Lebenswirklichkeit der Menschen stimme nicht mit dem überein, was die „Massenmedien“ gerade in Bezug auf die Coronapandemie berichteten.

Einer anderen Behauptung eines Parteisprechers, wonach die Polizei AfD-Sympathisanten daran hindern würde, von einer weiteren Demonstration vom Cannstatter Wasen zum Schillerplatz zu gelangen, nahm Polizeisprecher Stefan Keilbach deutlich den Wind aus den Segeln: „Wir haben lediglich zahlreiche Demonstranten, die sich nicht an die Maskenpflicht gehalten haben, an diese Auflagen erinnert. Wer dem nachkam, der konnte überall hingehen.“

Händler leiden an Demos

Von der Abriegelung großer Bereiche der Innenstadt für Demonstrationen zeigt sich mittlerweile eine andere Gruppe genervt. „Von neun Uhr morgens waren die meisten Parkplätze nicht mehr nutzbar. Unsere Zubringer können nicht mehr parken, Kunden ebenso“, klagt Gunther Ludwig. Der Betreiber eines Standes in der Markthalle registriert an Tagen wie an diesem Samstag eine „viel niedrigere Besucherfrequenz, weil die Kunden regelrecht aus der Stadtmitte getrieben werden“.

Hundertschaften Polizei, Absperrgitter und sogar Wasserwerfer würden eben nicht nur Sicherheit, sondern auch Abschreckung signalisieren. „Es sieht hier aus wie im Krieg“, findet Ludwig.