Kurz vor Ablauf eines Ultimatums der Regierung haben die Demonstranten in Hongkong eingelenkt. Foto: dpa

Die demonstrierenden Studenten in Hongkong zeigen Entgegenkommen. Doch Gewalt von Protestgegnern gegen friedliche Demonstranten schürt die Spannungen. Stecken die berüchtigten Triaden-Banden dahinter?

Die demonstrierenden Studenten in Hongkong zeigen Entgegenkommen. Doch Gewalt von Protestgegnern gegen friedliche Demonstranten schürt die Spannungen. Stecken die berüchtigten Triaden-Banden dahinter?

Hongkong - Kurz vor Ablauf eines Ultimatums der Regierung haben die Demonstranten nach den mehr als einwöchigen Protesten in Hongkong eingelenkt. Überraschend kündigte die Studentenvereinigung am Sonntag an, wie gefordert die Blockaden von Regierungsgebäuden bis Montagfrüh aufzuheben. Damit können 3000 Beamte wieder zur Arbeit gehen. Dennoch ist ein Ausweg aus der größten Krise in Hongkong seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China nicht in Sicht.

Gewalt gegen friedliche Demonstranten überschatteten am Wochenende die Kundgebungen für mehr Demokratie in Chinas Sonderverwaltungsregion. 165 Menschen wurden dabei verletzt. Die Polizei nahm seit Freitag nach eigenen Angaben 30 Männer und eine Frau im Alter von 19 bis 71 Jahren fest. Es gab Angriffe von angeheuerten Schlägern. 19 Personen wurden festgenommen. Acht von ihnen haben laut Polizei Verbindungen zu mafiaähnlichen, Triaden genannten Unterweltgruppen.

An einer Massendemonstration gegen Gewalt und für freie Wahlen in Hongkong nahmen am Samstagabend mehrere Zehntausend Menschen teil. Kanzlerin Angela Merkel äußerte in Berlin ihre Hoffnung auf eine „besonnene Reaktion auch der Polizei“.

Die Proteste hatten sich an Beschlüssen des Pekinger Volkskongresses entzündet. 2017 soll demnach zwar erstmals eine direkte Wahl im traditionell westlich geprägten Hongkong erlaubt sein, den Wählern wird aber eine freie Nominierung der Kandidaten verweigert. Die Reform geht den prodemokratischen Aktivisten nicht weit genug. China hatte den Hongkongern vor dem Souveränitätswechsel nicht nur Autonomie, sondern auch freie Wahlen in Aussicht gestellt. Die kommunistische Führung in Peking zeigt sich aber kompromisslos.

Regierung wie Studenten zeigten sich am Wochenende bereit zu Gesprächen. „Die Tür für Dialog ist immer offen“, betonten Regierungsvertreter. Mit der Ankündigung, zumindest die Blockade wichtiger Zugänge zu Regierungsgebäuden aufzuheben, versuchten die Studenten, Spannungen abzubauen. Sie lösen auch Straßensperren auf, damit Kinder in betroffenen Stadtvierteln wieder zur Schule gehen können.

Eindringlich hatte zuvor Regierungschef Leung Chun-ying die sieben Millionen Bürger in Hongkong gewarnt, die Lage könne „sehr leicht außer Kontrolle geraten“. Er rief Protestgegner und Demonstranten zur Zurückhaltung auf. Regierung und Polizeikräfte seien entschlossen, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Ordnung wiederherzustellen“.

Bei manchen lagen die Nerven blank

Der Studentenanführer Alex Chow sagte, seine Vereinigung komme erst an den Verhandlungstisch, wenn die Regierung die Sicherheit aller Demonstranten garantiere und die Angriffe untersuche. Viele Tausend setzten ihre Demonstrationen für mehr Demokratie in der asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole fort.

Bei manchen lagen die Nerven blank: Ein Mann drohte, sich von einer Brücke in den Tod zu stürzen. Ein anderer übergoss sich am Regierungssitz mit entflammbarer Flüssigkeit und drohte sich anzuzünden, wenn ihn nicht ein hoher Regierungsvertreter empfangen würde. Beide konnten unverletzt in Polizeigewahrsam genommen werden.

Die Zusammenstöße von Protestgegnern mit friedlichen Demonstranten dauerten an. Die Krankenhausverwaltung berichtete, von den 165 Verletzten müssten 9 noch stationär behandelt werden. In dem belebten Geschäftsviertel Mong Kok auf der Halbinsel Kowloon kam es wieder zu Gerangel und neuen Verbalattacken von Protestgegnern auf Aktivisten.

„Es ist eindeutig schlimmer heute“, sagte der prodemokratische Abgeordnete Albert Chan in Mong Kok. „Ich denke, dass 90 Prozent dieser Auseinandersetzungen von regierungsfreundlichen Kräften verursacht werden.“ Wegen der Übergriffe hatten am Vorabend Zehntausende an einem „Aufmarsch gegen Gewalt“ teilgenommen.

Regierungschef Leung verurteilte alle Gewalt und warnte vor einer Eskalation. Es könne „ernste Konsequenzen für die Sicherheit der Bürger und die soziale Ordnung haben“, sagte Leung. „Es war sehr chaotisch - viele wurden verletzt, darunter auch Journalisten.“

Der Studentenführer Joshua Wong forderte die Regierung auf, gegen die Gewalt ihrer Unterstützer vorzugehen. Dem US-Sender CNN sagte der 17-Jährige: „Wir hoffen, dass die Regierung das beendet.“ Die Protestgegner ständen hinter der Regierung, setzten aber Gewalt gegen friedlichen Demonstranten ein. „Diese Leute sind nicht nur einfache Bürger, die in Hongkong leben“, sagte Wong. „Sie werden organisiert.“