Vom Marienplatz lief der Zug über die Hauptstätter Straße zum Eckensee am Oberen Schlossgarten. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

„No justice, no peace, fight the police” – das war der Leitslogan der Demonstranten am Freitagabend in Stuttgart. 300 Teilnehmer waren angemeldet. Anlass war der Jahrestag von George Floyd.

Stuttgart - Zou Malek, die Hauptrednerin, weist gleich zu Beginn der Veranstaltung auf den Vermittlungsausschuss hin: „Falls ihr Ärger mit der Polizei habt…“, sie korrigiert sich: „Oder die Polizei uns Ärger macht. Genau. Andersrum!“. Das Bündnis zu rassistischer Polizeigewalt hat sich allein für die Demonstration zusammengeschlossen. Mehrere Initiativen unterstützen den Protest. Darunter Die Linke, die interventionistische Linke, Young Struggle Stuttgart und POC from Stuttgart. Vom Marienplatz läuft der Zug über die Hauptstätter Straße zum Eckensee am Oberen Schlossgarten.

Die Stimmung ist entspannt. Lieder, wie Flüchtling4Life von Afrob und Mama Africa von Peter und Andrew Tosh, werden gespielt. Der Großteil der Unterstützer ist zwischen 15 und 25 Jahre alt. Viele sitzen auf der Treppe am Marienplatz oder stehen in kleinen Grüppchen zusammen. Auf den Schildern der Demonstranten steht „Stop Police Brutality“ und „Tolerating Racism is Racism“. Auf Deutsch heißt das „Stoppt Polizeibrutalität“ und „Rassismus tolerieren ist Rassismus“.

Nicht nur in die USA zeigen

Am Rand ist ein Stand aufgebaut, auf dem Sticker und Flyer verteilt sind. „Hier ist zum Beispiel die Broschüre Nazis aus der Deckung holen, die Symbole und Flaggen nationalsozialistischer Vereinigungen zeigt. Die finde ich spannend“, sagt Alya hinter dem Stand. Ihren Nachnamen möchte sie aus Angst vor Übergriffen von der rechten Szene nicht nennen. Auf dem Tisch steht außerdem eine Spendendose für die Initiative in Erinnerung an Qosay, einen 19-jährigen Kurden, der in Delmenhorst im Rahmen eines Polizeieinsatzes zu Tode gekommen ist.

Die Veranstalter spielen ein Sprachmemo von Qosays Cousin ab. Er spricht für die Initiative in Erinnerung an Qosay. Seine Forderungen: Die Beamten sollen Verantwortung übernehmen und zur Rechenschaft gezogen werden. Racial Profiling solle gestoppt werden. „Es ist viel zu einfach, mit dem Finger immer nur in die USA zu zeigen. Rassismus ist überall, auch in Deutschland“, sagt Zou Malek, Sprecherin des Bündnisses. Sie gehört selbst zu der People Of Colour Gemeinschaft. „Wir wollen immer wieder erinnern und aufzeigen, wo das eigentliche Problem liegt“, so Malek. Es sei eine Systemfrage, argumentiert eine andere Rednerin. Rassismus gebe es überall, auf der individuellen Ebene, im Job, im Alltag, in Institutionen. Morde seien nur die traurige Spitze des Eisbergs.

Einsatzleiter äußert sich

Die Verantwortung der Polizei ist das Hauptthema der Demonstranten. Immer wieder würden Ausländer durch Polizeigewalt sterben. „Dass Qosay sein Leben verloren hat, hinterlässt große Unsicherheit“, so eine andere Rednerin. Im Anschluss findet eine Schweigeminute statt. Plakate mit Gesichtern von Ermordeten durch Polizeigewalt werden hochgehalten. „Das sind Einzelfälle“, meint der Einsatzleiter Ralf Perrey. Das Thema Rassismus würde seit vielen Jahren bei der Polizei diskutiert. Es gebe eine Koordinierungsstelle und Fortbildungsveranstaltungen würden angeboten. Zu strukturellem Rassismus in der Polizei gebe er ein dickes Nein. Indes rufen die Demonstranten: „Halle, Hanau, rassistischer Mord. Widerstand an jedem Ort“.