Bunt, einfallsreich und laut: Teilnehmer der Demo in Herrenberg Foto: Eibner/A.Ulmer

Herrenberg demonstriert wieder gegen Rechts. Die Zahl der Teilnehmer reicht zwar nicht an die vom Vorjahr heran. Die Veranstalter sind dennoch froh.

Laut, bunt und einfallsreich mit vielen selbstgestalteten Protestplakaten gingen Menschen aus Herrenberg und Umgebung am Sonntagnachmittag für Demokratie, Vielfalt, Toleranz und Menschenrechte auf die Straße. Die rund 2500 Menschen, die die Polizei gezählt hat, kamen nicht ganz an die Marke vom Jahr zuvor ran: Damals waren 6000 es Demonstranten.

 

Es waren dennoch so viele, dass nicht die kleine Demozug-Option durch die engen Altstadtgassen gezogen wurde, sondern diejenige, die den Demo-Lindwurm auf einen Rundkurs über Teile von Herrenbergs Hauptverkehrsachsen zurück zum Platz zwischen Stadthalle und Alter Turnhalle schickten. Dieser bot mehr Raum als der Herrenberger Marktplatz, dessen Kapazitäten im Vorjahr bei weitem nicht ausgereicht hatten.

Musik und deutliche Worte

Solange die Demoteilnehmer zurückkehrten, sorgte die Herrenberger Band kleinstadt für gute Stimmung bis die von Greta und Lars Unger moderierte Kundgebung startete. Anastasios Petridis vom Orga-Team ergriff als erstes das Wort: Er erinnerte daran, dass sich die AfD-Spitze vor einem Jahr noch „scheinheilig“ von den Remigrations-Fantasien beim Potsdamer Gemeintreffen distanzierte. „Heute wissen wir, diese Distanzierungen waren reine Fassade“, da die Remigrationspläne inzwischen Teil des Wahlprogrammes seien. Seine Kritik richtete sich nicht nur gegen die AfD: „Auch demokratische Parteien tragen eine Mitverantwortung, wenn sie rechte Rhetorik aufgreifen und dadurch weiter normalisieren.“

Anna Ohmweiler, die Gründerin von „Omas gegen Rechts“ in Deutschland, unterstrich, wie wichtig es für eine wehrhafte Demokratie sei, dass die „schweigende Mehrheit“ nicht länger schweige. Besonders erfreut war sie, dass erneut junge Menschen die Herrenberger Demo organisiert hatten, zu der 20 Vereine und Organisationen aufgerufen hatten. Darunter auch das Bündnis „Herrenberg bleibt bunt“, das wiederum zahlreiche Akteure hinter sich vereint.

Die besondere Bedeutung von Demokratiebildung in Kitas und Schulen thematisierte Farina Semler, die Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes: Nach der „Correctiv“-Recherche über das Potsdamer Treffen hätten sich Schüler einerseits angstvoll mit der Frage an Lehrkräfte gewandt, ob sie Deutschland jetzt verlassen müssten. Andererseits sei die AfD laut einer Jugendstudie die beliebteste Partei bei jungen Menschen, berichtete sie vom Spannungsfeld, in dem sich Pädagogen bewegen. „Es heißt, Lehrkräfte müssten neutral sein. Das stimmt nicht. Ich bin der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verpflichtet“.

Vereinte Mahnungen

Zudem, so Semler, vertrete die AfD nicht die Interessen der Arbeitnehmer, vielmehr würden in Ländern, in denen Rechtspopulisten Einfluss in Regierungen hätten, die Rechte von Gewerkschaften eingeschränkt.

Moritz vom sozialistischen „Falken“-Kreisverband Herrenberg/Böblingen betonte, dass Studien Zusammenhänge zwischen sozialer Ungerechtigkeit und Wahlerfolgen der Rechten nahelegten: „Die Art, wie wir Gesellschaft und Wirtschaft organisieren, ist verantwortlich dafür, wie gewählt wird“.

Aus Sicht von Hubert Wyrwich von „Herrenberg bleibt bunt“ verbreite die AfD in Deutschland eine „kalte und demokratiefeindliche Stimmung, die die politischen Gegner diffamiert“. Mit Blick auch auf das Erstarkten rechtsextremer Parteien in europäischen Nachbarländern warnte er: Je mehr sich diese Entwicklung verfestigte, desto weniger Platz bleibe „für Menschenwürde, Demokratie und Pluralismus“.