Bunt, laut, geschlossen: Für viele Bürger ist die Demonstration am 1. Mai ein fester Termin im Kalender. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Am Tag der Arbeit erheben die Gewerkschaften auch in Stuttgart ihre Stimme gegen rechts und für bessere Löhne. Der Demonstrationszug verläuft vom Marienplatz bis zum Rathaus.

Stuttgart - Die Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Tag der Arbeit stand in diesem Jahr unter dem Motto „Solidarität, Vielfalt und Gerechtigkeit“. Rund 4000 Menschen schlossen sich nach Angaben des Veranstalters in Stuttgart dem Demonstrationszug vom Marienplatz über die Tübinger Straße bis zum Marktplatz an. Solche Tage seien wichtig, denn „sie sorgen für einen besseren Zusammenhalt, gegen Ausgrenzung und für mehr Toleranz“, sagte der Vorsitzende des DGB-Stadtverbands Stuttgart, Phillipp Vollrath, bei der anschließenden Kundgebung auf dem Marktplatz.

Auch für den stellvertretenden Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Harald Schaum, sei der 1. Mai vor allem dafür da, die eigene Stimme gegen rechts zu erheben. Schließlich widerspreche Diskriminierung dem Vielfaltsgedanken der Gewerkschaften. „Der 1. Mai gehört uns, den Arbeitern und den Gewerkschaften, nicht den Rechten. Wir müssen ein starkes Zeichen gegen rechts setzen“, sagte Schaum, der den erkrankten Bundesvorsitzenden der IG Bau, Robert Feiger, am Rednerpult vertrat.

Gegen Wohnungsnot und Zweiklassenmedizin

Im Kampf gegen die politische Rechte forderten die Redner nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Politiker zum Handeln auf: „Um die AfD und andere Rechtspopulisten zurückzudrängen, braucht es Lösungen gegen Probleme wie Wohnungsnot oder die Zweiklassenmedizin“, sagte Harald Schaum. Er forderte von der Stadt eine Mietpreisbremse, die diesen Namen wirklich verdiene: „Es gibt jede Menge zu tun, um Wohnungsnot zu bekämpfen. Die Politik braucht offensichtlich den Druck von der Straße. Dafür stehen wir heute hier“.

Phillip Vollrath kritisierte außerdem den Mangel an Plätzen in Kindertagesstätten. An Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) gerichtet forderte er, den Fachkräftemangel durch höhere Löhne zu bekämpfen: „Niemand, Herr Kuhn, hindert sie daran, mehr zu zahlen als Tarif.“

Viele Demonstranten kommen mit konkreten Zielen

Für die Rechte der Arbeitnehmer kämpften an diesem Tag aber nicht nur die Gewerkschaftsführer, sondern auch zahlreiche Bürger. Für viele ist es längst Tradition, den 1. Mai auf der Straße statt bei einer Wanderung im Grünen zu verbringen: „Ich nehme hier jedes Jahr teil. Dieser Feiertag ist ja genau dafür da: um für unsere Rechte einzustehen und auf die Straße zu gehen“, sagte eine junge Mutter aus Stuttgart-Mitte, die mit ihrer zweijährigen Tochter der Menschenmenge vom Marienplatz zum Marktplatz folgte. Mit dem Nachwuchs an einer Demonstration teilzunehmen sei für sie selbstverständlich: „Ich finde es wichtig, die Menschen früh dazu zu erziehen, für ihre Rechte einzustehen“.

Viele der Demonstranten waren aber auch mit konkreten Zielen gekommen: „In der heutigen Zeit muss man sich stark machen gegen rechte Gewalt und Rechtspopulismus in der Politik. Nur so kann man zeigen, dass man aus der Vergangenheit gelernt hat“, sagte ein junger Arbeitnehmer aus Sindelfingen, der in diesem Jahr zum ersten Mal am Tag der Arbeit demonstrierte. Und seine Begleitung ergänzte: „Wir leisten unseren Beitrag und zeigen uns solidarisch gegenüber anderen, denen es nicht so gut geht.“ Auch nach Ansicht der Gewerkschaften ist Solidarität, neben Vielfalt und Gerechtigkeit, die Stärke der Versammelten: „Wir wehren uns gegen jede Form von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Solidarität war immer unsere Stärke. Wenn wir gespalten sind, gewinnen die Arbeitgeber. Wir wehren uns gegen die Spalter. Zusammen sind wir stark“, rief Harald Schaum abschließend.