Demonstration, Polizei-Großeinsatz, langer Einkaufssamstag – das passt nicht zusammen, klagen die Händler Foto: Max Kovalenko

Die Einzelhändler am Stuttgarter Marktplatz gehen mit der Stadt hart ins Gericht: Die Genehmigung der Demonstration gegen den Bildungsplan der Landesregierung am langen Samstag habe miserable Rahmenbedingungen für den Geschäftsablauf geschaffen.

Stuttgart - „Frühlingserwachen“ lautet das Motto der in der City-Initiative zusammengeschlossenen Händler für den ersten langen Einkaufssamstag im Jahr. Dass es nicht das linde Grün des Blumenschmucks, sondern das Grün der Bereitschaftspolizei ist, das auf dem Marktplatz dominiert, hatten sie sich dabei allerdings nicht gedacht.

Seiner Verärgerung über die Begleiterscheinungen der Demonstration macht Florian Henneka, Geschäftsführer von Korbmayer, in einem Brief an Oberbürgermeister Fritz Kuhn Luft. „Da wird heute auf einmal ohne Vorwarnung von offizieller Seite um zwölf Uhr der Marktplatz mit Gittern und massiver Polizeipräsenz fast hermetisch abgeriegelt, so dass unsere Kunden im Haus völlig verunsichert beinahe Zuflucht suchen“, schreibt er, „etwas Kontraproduktiveres zu einem Innenstadt-Verkaufs-Event kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.“ Jeder könne sich über das Bildungspaket der Landesregierung seine Meinung bilden und dürfe dagegen demonstrieren, aber nicht ausgerechnet am langen Einkaufssamstag.

„Die massive Polizeipräsenz mit 500 Beamten am Samstag war notwendig. Wir hatte schon zwei ähnliche Demonstrationen in der Stadt mit Vorkommnissen, die keiner will“, sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Außerdem habe es in Stuttgart schon Ereignisse gegeben, bei denen Schaufenster eingeworfen worden seien. Keilbach: „Der Einsatz diente deshalb der Sicherheit der Geschäfte.“ Im Grundsatz werde all dies vom Ordnungsamt und der Polizeibehörde angeordnet. Kurze Sperrungen des Marktplatzes und Durchsuchungen lägen dann in der Verantwortung der Polizei. „Früher, als es den erkennbaren Schwarzen Block gab, war alles einfach. Heute bunkern Militante ihre Klamotten in Taschen und versuchen, in biederer Aufmachung durch die Polizeikontrollen zu schlüpfen.“

„Florian Hennekas Brief ist nichts hinzuzufügen“, sagt Kerstin Wüst vom Spielwarengeschäft Kurtz am Markt. Auch Thomas Breuninger, Geschäftsführer von Tritschler, ist erbost: „Bei so einem Polizeiaufgebot mit Schlagstöcken dachte ich, der Bürgerkrieg bricht aus. Da kommen Kunden von weit her – und dann so etwas. Unser Umsatz ist entsprechend. Diesen Einbruch zu bester Verkaufszeit kann man nicht mehr aufholen.“ Frank Kilian vom Kleidungsgeschäft Breitling haut in die gleiche Kerbe: „Ungünstigere Begleitumstände gehen kaum noch.“ Sie hätten mehr Personal als sonst gehabt, „konnten es aber nach Hause schicken“, sagen Elisabeth Roth und Franco Jennewein von Marcolis in der Dorotheenstraße.

Recht zufrieden zeigen sich dagegen weniger vom Demo-Geschehen betroffene Händler: „Unser Haus ist sensationell voll. Wir liegen vielleicht über dem sehr guten Vorjahresergebnis“, sagt Joachim Aisenbrey, Geschäftsführer von Breuninger. Auch die Arge Königsbau und die Königsbaupassagen freuen sich über regen Kundenzuspruch trotz längeren Nieselregens.

„Musik wird als störend oft empfunden, weil sie mit Geräusch verbunden“, wusste schon Wilhelm Busch. Händler der oberen Königstraße teilen diese Auffassung. Sie fühlten sich von den Rockbands auf der Bühne beim Rotebühlplatz so gestört, dass sie kaum Kundengespräche führen konnten. „Zwei Firmen erwägen, deshalb Anzeige zu erstatten“, sagt Heinz Reinboth von der Interessengemeinschaft Königsbau.

„Das Wetter hätte heute besser sein können, und vor allem die Demo war gar nicht hilfreich. Familien mit Kindern fühlen sich in solcher Umgebung nicht mehr wohl. Das haben die Händler stark gespürt“, bilanziert City-Managerin Bettina Fuchs.