Nach der Kundgebung auf dem Alten Postplatz marschierten die Teilnehmer durch die Stadt zum Waiblinger Bahnhof. Foto: Frederick Kämpfert

Der DGB-Kreisverband Rems-Murr veranstaltet eine Kundgebung für Gerechtigkeit in der Krise. Gut 100 Teilnehmer demonstrieren in Waiblingen gegen falsch verteilte Kosten, Aufrüstung und das Gesellschaftssystem.

Familie Achmanidou ist aus Schorndorf zur Kundgebung auf den Alten Postplatz nach Waiblingen gekommen. Die 15-jährige Ira, Schülerin, und ihre Schwester Victoria, 20, die im öffentlichen Dienst arbeitet, machen sich Sorgen. Wegen des Kriegs und der vielen Krisen, sagt Ira. „Ich habe Angst vor einem Dritten Weltkrieg und davor, dass unsere Umwelt kaputt geht.“ Mama Ria Achmanidou nickt zustimmend.

Der DGB Kreisverband Rems-Murr hatte zur Demonstration unter dem Motto „Gerecht durch die Krise – Jetzt richtig entlasten!“ aufgerufen. Angesichts des ernsten Themas hätte sich Matthias Fuchs, der Kreisvorsitzende, gerne ein wenig mehr Teilnehmer gewünscht. Rund 100 sind am Samstagvormittag gekommen, so viele wie erwartet und beim Ordnungsamt angemeldet, aber eben auch nicht mehr. „Offensichtlich geht es den Menschen noch immer zu gut“, sagt Matthias Fuchs. Für den Gewerkschaftler ist Solidarität ein Gebot der Stunde. Auch mit den Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien, die, so Fuchs, den gleichen Aufenthaltsstatus bekommen sollten wie die Geflüchteten aus der Ukraine.

Angst vor einem Dritten Weltkrieg

„Wir wollen Tariflohn und nicht die Tafel“ oder „Krieg, Krisen, Kapitalismus – dem System dem Kampf ansagen“: Mit Parolen auf Bannern forderten die Teilnehmer einen gesellschaftlichen Kurswechsel. Das will auch Vincent Leuze, Krankenpfleger im ersten Ausbildungsjahr, den wie Ira und Victoria Achmanidou die Zukunftsangst auf die Straße treibt. „In Anbetracht der greifbaren Gefahr eines Dritten Weltkriegs und der Angriffe auf unseren Lebensstandard ist es Zeit, sich der Zumutungen des Kapitalismus endlich zu entledigen“, sagt Vincent Leuze.

Mehr als zwei Millionen Menschen seien auf die Tafel angewiesen, erklärte Gewerkschaftssekretärin Ariane Raad. „Es findet eine spürbare Umverteilung von unten nach oben statt, und es hat System, dass Frauen davon mehr betroffen sind.“ Seit Jahren steige die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen kontinuierlich. Ariane Raad rief dazu auf, Krieg und Krise sowie patriarchalischer Gewalt die Stirn zu bieten. „Wir müssen stattdessen gegenseitige Fürsorge in einer solidarischen Gesellschaft leben.“ Eine Gruppe junger Frauen auf dem Postplatz rief laut im Chor: „Frauen, die kämpfen, sind Frauen, die leben und das System aus den Angeln heben.“

500 Euro Soforthilfe für Beschäftigte, Auszubildende, für Studierende, Renten- und Leistungsempfangende forderte Matthias Fuchs, der auch „Tarifbindung zum Herzensthema machen“ will. Die steigenden Preise gerade bei Energie und Lebensmitteln belasteten immer mehr Menschen immer stärker, erklärte der DGB-Kreisvorsitzende. Derweil fließe immer mehr Geld in die Rüstung, und es werde wieder über eine Wehrpflicht diskutiert. „Wir wollen aber nicht für Krieg und Krisen der Regierenden bezahlen.“ Die Energiewende müsse jetzt und in öffentlicher Hand kommen, erklärte Matthias Fuchs. Zudem brauche es eine scharfe Mietpreisbremse sowie einen bezahlbaren und besser ausgebauten ÖPNV. Und das alles müsse fair finanziert sein, sagte der Gewerkschaftssekretär Andre Fricke: „Indem Unternehmensgewinne, Vermögen und Erbschaften richtig besteuert werden.“

Forderung: Geld für Menschen – nicht für Rüstung

Wenn das, was normale Menschen Tag für Tag zum Leben benötigten, nicht mehr bezahlbar sei, müsse etwas passieren, sagte Panagiotis Alopoudis, Mitglied im Betriebsrat des Rems-Murr-Klinikums. „Und an Vielem ist ein Krieg schuld, der wegen der Interessen zweier konkurrierender Machtblöcke geführt wird.“ Geld dürfe nicht in Rüstung gesteckt werden, sondern müsse den Menschen zugute kommen: „Für die öffentliche Daseinsvorsorge.“ Es sei nicht die Zeit für kapitalistische Grundsatzdebatten, sagte Panagiotis Alopoudis. „Es ist Zeit, sich des Kapitalismus zu entledigen. Denn unsere Arbeitskraft hält den Laden am Laufen, und wir können die Gesellschaft verändern.“

Auch Ria, Ira und Victoria Achmanidou haben System und Kälte getrotzt. Nun reihten sie sich in den Demozug zum Bahnhof ein, hinter dem Banner „Her mit der Kohle – Weg mit dem Kapitalismus – Kein Geld für Krieg und Rüstung, sondern für uns“.