Rund 300 Menschen haben in Stuttgart gegen die Taliban-Regierung in Afghanistan. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Teilnehmer bei der Demo in Stuttgart gegen das Taliban-Regime zeigen sich erschüttert von der Gräueltaten der Regierung in Afghanistan.

Weltweit sind an diesem Samstag Menschen auf die Straßen gegangen, um auf den Völkermord an der ethnischen Gruppe der Hazara in Afghanistan aufmerksam zu machen. Zu den elf deutschen Orten, an denen am 8.Oktober offizielle Kundgebungen stattfanden, gehörte auch Stuttgart.

Rund 300 Menschen versammelten sich am Stauffenbergplatz in der Stadtmitte, um gegen die jüngsten Gräueltaten des seit einem Jahr wieder im Land herrschenden Taliban-Regimes zu protestieren. Am 30. September verübten die radikalen Islamisten einen Terroranschlag auf eine Bildungseinrichtung westlich der Hauptstadt Kabul. 53 überwiegend weibliche Hazara-Jugendliche, die sich zur Aufnahmeprüfung an der Universität eingefunden hatten, kamen ums Leben. Proteste gegen diese Aktion wurden tags darauf auf brutale Weise von den Handlangern der Machthaber im Keim erstickt.

„Die jungen Frauen wollten studieren, Lehrerinnen werden und ihr Land verbessern. Jetzt sind sie tot“, sagt Shadiq Zartila, Organisator der Stuttgarter Demo. Dieser Gewaltausbruch sei lediglich die traurige Spitze eines seit 130 Jahren anhaltenden Genozoid an der Hazara-Volksgruppe, die neben den Paschtunen und Tadschiken die drittgrößte in Afghanistan ist.

Verzweiflung über die Regierung

Hat kürzlich der Tod der jungen Iranerin Mahsa Amini weltweit für Aufsehen gesorgt und eine große internationale Solidaritätswelle hervorgerufen, ist das öffentliche Bewusstsein für die Situation in Afghanistan eher schwerfällig. „Wir wollen keinen Wettbewerb aufmachen, wo auf der Welt es am schlimmsten ist, aber es ist schade, dass so wenig über Afghanistan gesprochen wird“, sagt Zartila. Es störe ihn, dass die Weltgemeinschaft hier zum Großteil schweige.

Was den in Kabul geborenen und seit 1973 in Stuttgart lebenden Jama Maqsudi fast noch mehr erschüttert, sei der Umgang mit dem Taliban-Machthabern: „Die bekommen aus dem Ausland auch noch Millionen an internationalen Hilfsgeldern, die eigentlich zur Bekämpfung der riesigen Hungersnot in der afghanischen Bevölkerung gedacht sind, und nutzen bis zu 90 Prozent davon für ihre Zwecke.“

Für Maqsudi steht längst fest, dass man „mit Bitte und Danke“ in dem geschundenen Land überhaupt nichts mehr erreicht. „Die UNO müsste mit Blauhelm-Soldaten ins Land und die Taliban vertreiben, die auf Demonstrationen und Menschenrechte pfeifen. Anders geht es nicht.“